Winkler: Das ist "Erpressung" Weiter Kritik an Steinbach
07.01.2010, 16:27 UhrDie Vorschläge von Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach für die "Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung" stoßen weiter auf Kritik. Der Historiker Heinrich August Winkler spricht von "Erpressung". Die Bundesregierung dürfe ihr Ernennungsrecht für die Mitglieder des Stiftungsrates nicht aufgeben, fordert er.

Steinbach wird sich mit ihren Forderungen wohl nicht durchsetzen können.
(Foto: AP)
Die CDU rief die FDP auf, sich einem Kompromiss zu öffnen. Von den Liberalen kamen bislang eher skeptische Stimmen. Die schwarz- gelbe Koalition will am 17. Januar auf einem Spitzentreffen über ihre Konfliktthemen, auch über den Streit um Steinbach, beraten. Die Regierung könne nicht auf jegliche Mitsprache bei der Stiftung verzichten, verlautete aus unionsnahen Koalitionskreisen. Die Forderungen Steinbachs für den Verzicht auf ihre Berufung in den Stiftungsbeirat gingen "sehr weit".
Steinbach hatte angeboten, auf den Sitz im Stiftungsrat für sich persönlich zu verzichten. Sie stellte aber Bedingungen, mit denen der Einfluss der Bundesregierung massiv geschmälert, jedoch der des Bundes der Vertriebenen (BdV) gestärkt werden soll. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sagte in Berlin: "Alle Beteiligten müssen die jetzt gemachten Vorschläge konstruktiv und mit aller Fairness prüfen." CSU-Chef Horst Seehofer sagte am Rande der Klausur der CSU-Landesgruppe in Wildbad Kreuth zu dem Vorschlag Steinbachs: "Das ist eine ausgestreckte Hand, und ich nehme an, dass die Regierung die ergreift."
Wulff unterstützt Steinbach
FDP-Außenminister Guido Westerwelle hatte wegen der Bedenken Polens mit einem Veto gedroht, falls der BdV Steinbach in den Stiftungsrat beruft. Warschau kritisiert unter anderem, dass Steinbach vor rund 20 Jahren im Bundestag die Anerkennung der deutsch-polnischen Oder-Neiße-Grenze abgelehnt hatte. Der BdV hat ein Vorschlagsrecht für 3 ihm zustehende Sitze in dem 13-köpfigen Rat. Die Besetzung muss aber vom Bundeskabinett gebilligt werden. Die unselbstständige Stiftung unter dem Dach des Deutschen Historischen Museums soll eine Ausstellungs- und Dokumentationsstätte zur Erinnerung und zum Gedenken an Flucht und Vertreibung unterhalten.
Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff forderte eine schnelle Lösung. "Erika Steinbach ist die offizielle demokratisch gewählte und legitimierte Vertreterin der deutschen Vertriebenen", sagte der CDU-Politiker der in Oldenburg erscheinenden "Nordwest-Zeitung". Die Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" sei mit ihr verbunden. Sie sei über Zweifel erhaben und habe sich sehr um das deutsch-polnische Verhältnis verdient gemacht.
BdV spricht nicht "für alle Heimatvertriebenen"
Der Historiker Heinrich August Winkler sagte der "Frankfurter Rundschau": "Das Nein von Außenminister Westerwelle zur Berufung von Frau Steinbach ist wohlbegründet." Es könne nicht ernsthaft infrage kommen, dass sich Bundeskanzlerin Angela Merkel nun "auf Druck des BdV von dem gut durchdachten Konzept der Stiftung abwendet", sagte er. Die Regierung dürfe ihr Ernennungsrecht nicht aufgeben, auch die Größe und Besetzung des Stiftungsrats mit 13 Mitgliedern genüge völlig, sagte Winkler. Der Historiker sprach dem BdV überdies das Recht ab, für alle Heimatvertriebenen zu sprechen. "Als geborener Königsberger" dürfe er das wohl sagen, so Winkler.
Unterdessen wies der BdV Medienberichte zurück, wonach er deutlich weniger als die von ihm angegebenen zwei Millionen Mitglieder haben soll. "Der BdV ist seit seiner Gründung der einzige repräsentative Verband der rund 15 Millionen Deutschen, die infolge Flucht, Vertreibung, Aussiedlung und Spätaussiedlung Aufnahme in Deutschland gefunden haben", teilte der Verband in Bonn mit.
Quelle: ntv.de, dpa