Berlin fordert mehr Entlassungen Weiterer Deutscher in der Türkei freigelassen
29.12.2017, 15:43 Uhr
Die Bundesregierung sieht die Lösung der verbliebenen Fälle inhaftierter Deutscher in der Türkei als eine "wichtige Aufgabe zur Verbesserung der bilateralen Beziehungen".
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Im September wird ein 45-Jähriger aus Hessen bei der Einreise in die Türkei festgenommen. Nun ist er wieder in Freiheit - doch sieben andere Deutsche sitzen noch immer in der Türkei in Haft. Die Bundesregierung pocht auch auf ihre Freilassung.
Das Auswärtige Amt hat Medienberichte bestätigt, wonach in der Türkei ein weiterer Deutscher freigelassen worden ist, der aus politischen Gründen inhaftiert war. Aus dem Auswärtigen Amt hieß es, der deutsche Staatsangehörige sei ohne Auflagen freigelassen worden. Damit befänden sich noch sieben Deutsche aufgrund politischer Vorwürfe in der Türkei in Haft. Die hessische SPD-Landtagsabgeordnete Handan Özgüven, die den Fall verfolgt hatte, zeigte sich "überglücklich" über die Entwicklung.
Vize-Regierungssprecher Georg Streiter sagte in Berlin, die Lösung der verbliebenen Haftfälle sei "eine wichtige Aufgabe zur Verbesserung der bilateralen Beziehungen" zwischen Deutschland und der Türkei. Die Inhaftierung von bis zu elf deutschen Staatsbürgern in der Türkei belastet seit Monaten die Beziehungen zu Ankara. Mit der Freilassung mehrerer Häftlinge zeichnete sich zuletzt aber eine Entspannung ab.
Nach Informationen der "Oberhessischen Presse", die zuerst über die Entwicklung berichtete, soll der aus dem hessischen Stadtallendorf stammende Mann in wenigen Tagen nach Hause zurückkehren. Es handelt sich demnach um einen 45-jährigen Deutschen mit türkischen Wurzeln, der am 10. September bei der Einreise in Istanbul festgenommen worden war. Am Donnerstag habe ein Gericht in Sivas den Haftbefehl gegen ihn aufgehoben.
Die SPD-Politikerin Özgüven sagte, der Haftbefehl sei aufgehoben und der Mann könne das Land verlassen, da keine Ausreisesperre vorliege. Sie rechne in dem noch laufenden Verfahren fest mit einem Freispruch. Nähere Angaben zu dem Verfahren wollte sie bis zur Rückkehr des Mannes nach Deutschland aber nicht machen. Die Politikerin sagte, sie habe während der Monate der Untersuchungshaft in engem Kontakt mit dem türkischen Anwalt des Beschuldigten und der deutschen Botschaft in Ankara gestanden. Der Mann freue sich nun auf seine Familie und sein Leben in Deutschland.
Häftlinge als "Geiseln"
In den vergangenen Monaten waren mehrere Deutsche freigelassen worden, die aus politischen Gründen inhaftiert waren, unter ihnen der Menschenrechtler Peter Steudtner und die Journalistin Mesale Tolu. Zuletzt kam auch der deutsche Pilger David Britsch frei, der bei einem Fußmarsch nach Jerusalem festgenommen worden war und aus unbekannten Gründen über Monate in Abschiebehaft gesessen hatte.
Zudem wurde eine gegen den deutschen Soziologen Sharo Garip verhängte Ausreisesperre aufgehoben, nachdem ihm wegen der Unterzeichnung einer Petition zum Kurdenkonflikt zwei Jahre lang die Ausreise verweigert worden war. Der "Welt"-Korrespondent Deniz Yücel ist aber weiter ohne Anklage in Haft. Der deutsch-türkische Journalist war im Februar festgenommen worden, bis heute wurde kein Verfahren eröffnet.
Der Fall Yücels und der anderen inhaftierten Deutschen belastet seit Monaten die Beziehungen Deutschlands und der Türkei. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel von der SPD warf dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan vor, die Häftlinge als "Geiseln" zu halten, sah zuletzt aber auch Anzeichen für einen Kurswechsel. Erdogan selbst äußerte diese Woche die Hoffnung auf eine Normalisierung der Beziehungen zu Deutschland.
"Es gab Probleme, aber unsere letzten Gespräche waren überaus gut", sagte Erdogan nach Angaben der Zeitung "Hürriyet". "Wir haben weder ein Problem mit Deutschland noch mit Holland noch mit Belgien", zitierte ihn die Zeitung. Die Türkei sei "gezwungen, Feinde zu verringern und Freunde zu vermehren." Streiter sagte dazu, die Bundesregierung habe die Aussagen Erdogans "zur Kenntnis genommen".
Quelle: ntv.de, ftü/AFP/dpa