Politik

Russlandnähe der AfD "Wer so etwas tut, ist ein Landesverräter"

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Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özuguz blättert während der Aktuellen Stunde in der Geschäftsordnung des Bundestags. Später verhängte sie einen Ordnungsruf gegen die Abgeordnete Beatrix von Storch.

Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özuguz blättert während der Aktuellen Stunde in der Geschäftsordnung des Bundestags. Später verhängte sie einen Ordnungsruf gegen die Abgeordnete Beatrix von Storch.

(Foto: dpa)

Der Bundestag debattiert die aktuellen Vorwürfe gegen AfD-Politiker - vor allem gegen den Abgeordneten Bystron, der Geld für die Verbreitung russischer Propaganda genommen haben soll. Der AfD-Redner, der seinen Kollegen als Opfer einer Hexenjagd sieht, hat selbst eine interessante Vorgeschichte.

Redner aller anderen Fraktionen im Deutschen Bundestag haben der AfD in einer Debatte über deren Russlandnähe einen Verrat deutscher Interessen vorgeworfen. Viele Abgeordnete der AfD stünden im Dienste Russland, bezahlt oder unbezahlt, sagte der CDU-Innenpolitiker Christoph de Vries. "Wer so etwas tut, der ist kein Patriot, das ist ein Landesverräter." Putin versuche, ein Netz von Unterstützern zu spannen, das das demokratische Europa von innen zersetze. "In Deutschland hat er dafür mit der AfD seine nützlichen Idioten und Vollstrecker gefunden."

Die Aktuelle Stunde war von den Koalitionsfraktionen beantragt worden, Anlass waren tschechische Medienberichte über den Spitzenkandidaten der AfD für die Europawahl, Maximilian Krah, sowie den Zweitplatzierten auf der Europaliste der Partei, Petr Bystron. Beide hatten einer prorussischen Internetplattform, die Ende März von der tschechischen Regierung geschlossen wurde, Interviews gegeben. Der tschechischen Zeitung "Denik N" zufolge hat Bystron möglicherweise auch Geld entgegengenommen.

Bystron ist Bundestagsabgeordneter, aber er blieb der Debatte fern. Mehrere Redner betonten, dass für ihn die Unschuldsvermutung gelte, wiesen zugleich jedoch auf die generelle Nähe der AfD zu Russland hin. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese rief die AfD auf, die Aktuelle Stunde zu nutzen, um reinen Tisch zu machen: "Sagen Sie doch diesem Parlament, was Petr Bystron in Belarus gemacht hat." Berichten zufolge hat der AfD-Politiker Belarus besucht, obwohl er beim Bundestag nur eine Reise nach Litauen angemeldet hatte.

Für die AfD ist das alles eine "Hexenjagd"

Wiese verwies zudem darauf, dass AfD-Politiker ständig als "Wahlbeobachter" unterwegs seien - vor allem in Ländern, in denen die OECD zur Wahlbeobachtung nicht zugelassen sei. Wiese zog in Zweifel, ob die Anfragen der AfD-Fraktion wirklich von der AfD geschrieben würden. "Sie sind demokratisch gewählt, ja, aber Sie sind nicht demokratisch. Sie sind das Sprachrohr für Diktaturen."

Für die AfD trat Fraktionsvize Stefan Keuter auf, der von einer "Hexenjagd" gegen Bystron und die AfD sprach, "die überhaupt gar nicht begründet ist". Keuter stellte die Vorwürfe gegen Bystron in eine Linie mit der Berichterstattung über die Konferenz von Rechtsextremisten in Potsdam, an denen auch AfD-Politiker teilgenommen hatten. "Auffällig: Die Informationen sollen wieder über einen Geheimdienst gekommen sein", raunte er. Aus Keuters Sicht sind die Vorwürfe entkräftet, weil Bystron sie zurückgewiesen hat. "Das ist Fakt, damit ist die Angelegenheit erledigt, wieder ein Rohrkrepierer."

Vorwürfe gegen Keuter

Die SPD-Abgeordnete Maja Wallstein nutzte ihre Rede, um aufzulisten, welche Vorwürfe es gegen Kreuter gebe: Anzeige wegen Volksverhetzung im November 2019; über Whatsapp Bilder verschickt, mit denen der Nationalsozialismus verherrlicht werde, darunter Fotos von Hitler beim Hitlergruß; Wahlbeobachter in Russland - für all das reiche eine kurze Google-Suche. Zudem sei im Dezember 2023 bekannt geworden, dass Keuter auf Betreiben eines chinesischen Agenten des Geheimdienstes MSS eine kleine Anfrage erstellt habe. Wallstein zitierte zudem einen Artikel aus der "Welt" aus dem Jahr 2018: "Fast jeder zehnte Abgeordnete der AfD hat Ärger mit dem Gesetz".

Wie andere Redner sagte auch Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin Irene Mihalic, für Bystron gelte die Unschuldsvermutung. Aber ob Geld geflossen sei oder nicht: "Was die Verbindungen der AfD zu Putins Russland angeht, da hat die AfD längst ihre Unschuld verloren." Die AfD sei "fest verwoben" mit russischen Destabilisierungskampagnen.

"Stimme Moskaus und stolz darauf"

Ähnlich äußerte sich FDP-Innenexperte Konstantin Kuhle. Die systematische Unterwanderung der Demokratie durch Russland werde in Deutschland generell nicht ernst genug genommen. "Aber wenn man einmal von Sahra Wagenknecht absieht, dann gibt es in Deutschland keinen, der Putin so treu ergeben ist wie die AfD." Die Partei sei "nicht nur die Stimme Moskaus", sondern auch noch stolz darauf. Er habe keinen Zweifel, dass die Fälle Krah und Bystron nur die Spitze des Eisbergs seien.

Der CDU-Abgeordnete Knut Abraham sagte, die AfD bestehe nicht nur aus "nützlichen Idioten", wie sein Fraktionskollege Christoph de Vries gesagt hatte, sondern es gebe dort auch "bewusst agierende Einflussagenten". So wisse der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke, "was er will, wenn er sagt: 'Diese EU muss sterben, damit das wahre Europa leben kann'. Denn wenn die EU stürbe, würde Europa zur leichten Beute Russlands."

Zum Ende der Debatte verhängte Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özuguz von der SPD einen Ordnungsruf gegen die AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch, weil diese eine Rednerin der FDP "Antidemokrat" genannt hatte. Auf Gelächter aus der AfD sagte Özuguz, es sei bedauerlich, "dass Sie das alles so lustig finden, denn das ist schon eine sehr ernste Zeit für uns im Deutschen Bundestag".

Quelle: ntv.de

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