Politik

FDP wirbt um Zweitstimmen Wer sollte seine Stimme splitten?

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Die FDP wünscht sich Zweitstimmen - auch von CDU-Anhängern.

(Foto: dpa)

Eine erste Absprache gibt es bereits: In Bonn wirbt die CDU für ein Stimmen-Splitting: Erststimme CDU, Zweitstimme FDP. Die Liberalen wollen, dass es in ganz Deutschland so läuft. Wem soll das etwas bringen?

Der Wahlkampf ist so gut wie vorbei, die inhaltlichen Argumente ausgetauscht, die Kampagnen gehen zu Ende. Doch die FDP hat noch eine Methode gefunden, mit der sie glaubt, kurzfristig Stimmen gewinnen zu können.

Der Trick geht so: In Wahlkreisen, in denen sich der Direktkandidat der CDU seiner Mehrheit nicht sicher sein kann, unterstützt die FDP diesen Kandidaten. Im Gegenzug ruft die CDU ihre Wähler dazu auf, der FDP die Zweitstimme zu geben. Die CDU bekäme so mehr direkt gewählte Abgeordnete, die FDP würde mehr Kandidaten von ihren Landeslisten in den Bundestag schicken.

Erst- und Zweitstimme

Die Erststimme ist die weniger wichtige Stimme. Mit ihr lässt sich pro Wahlkreis je ein Bewerber direkt in den Bundestag wählen.

Die Zweitstimme ist die entscheidende Stimme. Ihre Zahl bestimmt, wie viele Sitze eine Partei im Bundestag bekommt. Früher konnte auch durch die Erststimmen der Stimmenanteil im Bundestag beeinflusst werden. Das ist nun nicht mehr möglich.

Bisher gibt es nur in Bonn eine solche Vereinbarung, die FDP würde gerne wesentlich mehr davon treffen: Parteichef Philipp Rösler rief FDP-Verbände in rund 80 Wahlkreisen dazu auf, sich Bonn zum Vorbild zu nehmen. Doch damit muss sie sich gegen die Spitzen von CDU und CSU stellen – denn die wehren sich gegen die Zweitstimmenkampagne. Die Union will so viele Sitze erlangen, dass ohne sie keine Koalition möglich ist. Von der FDP will man sich da keine Stimmen abnehmen lassen.

Erststimme hat an Bedeutung verloren

Bei früheren Wahlen haben Zweitstimmenkampagnen schon mehrfach funktioniert, doch seit der letzten Wahl hat sich etwas verändert: Früher errang die Union durch ihre vielen Erststimmen eine erhebliche Zahl an Überhangmandaten und vergrößerte damit ihre Fraktion. Durch ihr Stimmen-Splitting stärkten die Schwarz-Gelb-Wähler zumindest in einigen Wahlkreisen sowohl die Union als auch die FDP. Doch seit der Wahlrechtsreform werden nun Überhangmandate ausgeglichen, die anderen Parteien bekommen also in gleichem Maße Sitze hinzu. Der Einfluss von CDU und CSU kann durch Überhangmandate seitdem nicht mehr gestärkt werden – die Erststimme verliert ihre wichtigste Bedeutung. Wer nun seine Zweitstimme der FDP statt der CDU gibt, schadet der Union. Über die Erststimme für die CDU wird sich der Direktkandidat freuen, aber einen Einfluss auf die Kräfteverhältnisse hat diese Stimme nicht.

Die Erststimme hat ganz andere Einflüsse:
-  Sie stärkt eine Partei oder einen Kandidaten symbolisch.
-  Sie kann den Bundestag erheblich vergrößern, weil die erzielten Überhangmandate zu einem Vielfachen an Ausgleichsmandaten führen.
-  Sie kann die Zusammensetzung einer Fraktion ändern. Da für direkt gewählte Kandidaten in der Regel ein Kandidat von der Landesliste auf seinen Sitz verzichten muss, verändert jedes Direktmandat das Profil der Fraktion. Ist der direkt gewählte Abgeordnete besonders konservativ, liberal oder links, kann er das Gesicht der Partei entsprechend verändern.

Splitten kann sinnvoll sein

Ein großer Hebel ist die Erststimme also nicht. Die FDP setzt dennoch drauf, dass CDU-Anhänger ihr erstes Kreuz bei der CDU, ihr zweites bei der FDP machen. Trotz Wahlrechtsreform kann es für CDU-Anhänger durchaus sinnvoll sein, ihre Stimme zu "verleihen". Denn für die Liberalen geht es um mehr als ein paar Mandate mehr oder weniger. Wenn ihr Zweitstimmenanteil unter 5 Prozent fällt, zieht sie gar nicht ins Parlament ein. In Bayern ist es ihr am vergangenen Sonntag so ergangen und die Umfrageinstitute sehen sie für die Bundestagswahl bei 5 bis 6 Prozent – es scheint also knapp zu werden. Die FDP will nicht riskieren, zum ersten Mal nicht in den Bundestag zu kommen.

Wer also will, dass die FDP in der Regierung bleibt, muss ihr die Zweitstimme geben. Reicht es dann aber trotzdem nicht für Schwarz-Gelb, ist die Union geschwächt – und steht in Koalitionsverhandlungen mit SPD oder Grünen schlechter da.

Wer seine Zweitstimme der FDP gibt, muss wissen, dass er nicht gleichzeitig mit der Erststimme CDU oder CSU stärken kann.

 

Quelle: ntv.de

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