Politik

Kandidaten-Check Wer wird Merkels Dritter?

Nach dem späten Abgang von Wulff geht die Kandidatensuche von Neuem los.

Nach dem späten Abgang von Wulff geht die Kandidatensuche von Neuem los.

(Foto: dapd)

(Foto: dpa)

Wulff ist als Bundespräsident Geschichte, jetzt steht Kanzlerin Merkel vor einem Scherbenhaufen. Um die Suche nach dem dritten Staatsoberhaupt während ihrer Kanzlerschaft zu beschleunigen, lässt die Unionsfrau SPD und Grüne mitreden. Im Kopf wird sie schon die Kandidaten durchgehen. Welche Namen stehen im Raum?

Jetzt steht Kanzlerin Angela Merkel schon wieder ohne da. Zum zweiten Mal geht der CDU-Frau ein Bundespräsident von der Stange. Eilig muss sie sich nun auf die Suche nach einem neuen Kandidaten machen: Binnen 30 Tagen muss laut Verfassung die Bundesversammlung neu wählen. Und am 25. März wird auch im Saarland gewählt. Ein Landtagswahlkampf mit paralleler Präsidentendebatte ist das letzte, was die CDU jetzt gebrauchen kann.

Um das Konfliktpotenzial zu minimieren, holt Merkel die Opposition mit ins Boot. Wenige Minuten nach dem Rücktritt Wulffs erklärt sie, dass sie gemeinsam mit SPD und Grünen einen geeigneten Kandidaten suchen wolle.

Dabei wird Merkel auch die Mehrheiten in der Bundesversammlung berücksichtigt haben. Dort bleibt Union und FDP bis zur Landtagswahl im Saarland lediglich eine Mehrheit von vier Stimmen. 2010 hatte ein weitaus komfortablerer Puffer Wulffs Wahl spannend gemacht - er erhielt die nötige Mehrheit erst im dritten Wahlgang. Doch wer könnte es unter diesen Voraussetzungen richten?

Merkel könnte Kabinettsmitglied "befördern"

Ist über die Parteigrenzen anerkannt: Thomas de Maizière

Ist über die Parteigrenzen anerkannt: Thomas de Maizière

(Foto: dpa)

Verschiedentlich spekulierten Medien, ob ein Mitglied des aktuellen Kabinetts aufrücken könnte. Fraglich ist dabei aber, ob sich SPD und Grüne auf solch eine Lösung einlassen würden. Schließlich haben sie die angeschlagene Merkel jetzt in der Hand.

Doch wer stünde da überhaupt zur Auswahl? Einer der heißesten Kandidaten aus dem Kabinett ist Thomas de Maizière. Vorteil für den Verteidigungsminister: Auch für die Opposition wäre der 58-Jährige möglicherweise wählbar, er genießt sowohl bei der SPD als auch bei Bürgern hohes Ansehen.

Doch genau das macht de Maizière eher unwahrscheinlich: Merkel braucht den beliebten, aber auch fleißigen und loyalen Minister. Zudem ist de Maizière derzeit damit beschäftigt, das Mammutprojekt Bundeswehrreform abzuarbeiten. Ein Personalwechsel in dieser Situation wäre nicht ideal.

Angela Merkel und ihr Krisenmanager Wolfgang Schäuble

Angela Merkel und ihr Krisenmanager Wolfgang Schäuble

(Foto: picture alliance / dpa)

Immer wieder genannt wird Wolfgang Schäuble. Für das Unions-Urgestein spricht, dass er mit rund 40 Jahren Bundespolitik über die nötige Erfahrung verfügt, das Amt auszufüllen. Allerdings gilt Schäuble als alles andere als feinfühlig und diplomatisch - eine Eigenschaft, die bei Bundespräsidenten jedoch gefragt ist. Außerdem ist Schäuble durch die CDU-Spendenaffäre noch immer mit einem moralischen Makel behaftet. Als hartleibiger Manager der Euro-Krise dürfte Schäuble zudem für Merkel als unverzichtbar angesehen werden.

Bliebe an Regierungsmitgliedern noch die ewige Ursula von der Leyen. Die Arbeitsministerin galt schon im Vorfeld der Wahl Christian Wulffs als favorisierte Kandidatin, bis sich Schwarz-Gelb für viele überraschend anders entschied. Wäre es damit jetzt nicht angebracht, die damals Unterlegene ins Amt zu hieven?

Doch die siebenfache Mutter aus Niedersachsen wird zu stolz sein, als zweite Wahl ins Rennen geschickt zu werden. Nicht zuletzt werden von der Leyen ganz andere Ambitionen nachgesagt: Sie soll perspektivisch die Kanzlerschaft im Visier haben. Und eine Präsidentschaft stand bisher stets am Ende einer Politikerkarriere.

Merkel will schwarz-grüne Signale vermeiden

Wen hat die Union sonst noch auf der Pfanne? Präsidiales Format bringt der Unionsmann und langjährige Bundestagspräsident Norbert Lammert mit. Seit 2005 tritt er als Wächter der parlamentarischen Demokratie auf und ist stets um Überparteilichkeit bemüht.

Mit seinen moralischen Zwischenrufen soll er in Unionskreisen allerdings nicht immer auf Gegenliebe stoßen. In der Unionsfraktion heißt es, Lammert benehme sich schon jetzt häufig so, als sei er "geschäftsführender Bundespräsident". Falls er Bundespräsident wäre, träte er als "geschäftsführender Bundeskanzler" auf. Und einen Nebenkanzler wird sich Merkel wohl kaum ins Schloss Bellevue setzen wollen.

Klaus Töpfer ist ein Unionsmann, den auch Grüne mögen.

Klaus Töpfer ist ein Unionsmann, den auch Grüne mögen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Für weite Teile der Opposition tragbar wäre Ex-Bundesumweltminister und CDU-Mann Klaus Töpfer. Auch sein Name ist nach dem Rücktritt von Horst Köhler schon im Gespräch gewesen. Er leitete das Umweltprogramm der Uno in Nairobi und gilt als das grüne Gewissen der Union. Und das macht ihn parteiübergreifend zu einem geachteten Politiker.

In Unionskreisen gilt Töpfer allerdings nur als "Notnagel". Er ist bei den Menschen eher unbekannt. Oft wird auch sein mit 74 recht hohes Alter als Gegenargument ins Feld geführt. Zwar haben in der Vergangenheit schon viele betagtere Politiker den Sprung ins Amt geschafft. Doch die FDP lehnt Töpfer offen ab. Beim Dreikönigstreffen Anfang des Jahres wetterte Parteichef Philipp Rösler noch über den "konservativen Weltverbesserer". Zudem fürchtet die FDP, dass seine Wahl als Vorbote eines schwarz-grünen Bündnisses in der Zukunft interpretiert werden könnte.

Aus denselben Gründen aussichtslos sind wohl zwei weitere grüne Politiker, die im Gespräch sind: Winfried Kretschmann ist als erster grüner Ministerpräsident gerade erst vor wenigen Monaten in Baden-Württemberg angetreten. Katrin Göring-Eckhardt genießt als Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland zwar hohes Ansehen auch in den Koalitionsfraktionen. Sie ist während der Krise um Christian Wulff schon ziemlich früh als potenzielle Kandidatin genannt worden. Doch auch die Bundestagsvizepräsidentin ist weiten Teilen der Bevölkerung nicht bekannt.

Überparteilicher Anwärter ist gefragt

Um die Opposition zur Zustimmung zu bewegen, könnte sich die Union auch auf einen Kandidaten von der SPD einlassen - etwa einen der Politiker, mit denen sie in der Großen Koalition zusammengearbeitet hat. Franz Müntefering etwa verfügt über die nötige Bürgernähe. Zudem spielt er in der Bundespolitik kaum mehr eine Rolle, hat sich damit in der näheren Vergangenheit politisch nicht offen gegen Schwarz-Gelb gestellt. Für den häufig ins Spiel gebrachte Frank-Walter Steinmeier gilt das nicht. Er schießt als Teil der SPD-Troika regelmäßig gegen Merkels Regierung. Ihn nun mit einem Mal als Kandidat für das Präsidentenamt zu hofieren, wäre unglaubwürdig.

Das macht wiederum einen parteilosen Kandidaten wahrscheinlicher. In Umfragen taucht da stets die Ex-Ratspräsidentin der EKD Margot Käßmann auf. Durch ihren konsequenten Umgang mit ihrer Alkoholfahrt hat sie sich viel Respekt verdient. Ihr Rücktritt gilt vielen als Blaupause für ein gewünschtes Verhalten von Christian Wulff. In politischen Kreisen selbst spielt Käßmann als Kandidatin allerdings wohl keine Rolle.

Auch der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, wird genannt. Voßkuhle wäre nicht der erste Verfassungsrichter, der Bundespräsident wird. In Roman Herzog gibt es ein prominentes Vorbild. Aber er wäre der erste Jurist, der ohne Pause von Amt zu Amt wechselt.

Dann doch Gauck?

Gauck ist noch immer der "Bundespräsident der Herzen".

Gauck ist noch immer der "Bundespräsident der Herzen".

(Foto: picture alliance / dpa)

Bliebe Joachim Gauck. Er ist der Kandidat, den die meisten Deutschen befürworten würden. Schon im Vorfeld der Wahl Christian Wulffs war Gauck der Präsident des Volkes. Eine überwiegende Mehrheit befürwortete ihn als Mann im Schloss Bellevue. Seine Beliebtheit hat in der Zwischenzeit kaum nachgelassen.

Für Merkel wäre Gauck allerdings eine Niederlage. Dass es dann ausgerechnet der Mann richten soll, der Christian Wulff, ihren Kandidaten bei seiner Wahl 2010, fast hatte scheitern lassen, ließe sie als Verliererin dastehen.

Dennoch: Gegen Gauck sprechen die wenigsten Argumente. Er ist als Verfechter von Freiheit und Rechtstaatlichkeit für breite Bevölkerungsschichten akzeptabel. Mit diesen Themen vertritt er auch Kerninhalte der FDP. Und auch deren Zustimmung ist für Merkel wichtig. Schließlich will sie – wenn möglich – mit den Liberalen noch bis 2013 an der Regierung bleiben.

Quelle: ntv.de

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