Politik

Charme-Offensive für Europa Westerwelle buhlt um Tschechien

Westerwelle scherzt mit Schwarzenberg auf der Pressekonferenz in Prag.

Westerwelle scherzt mit Schwarzenberg auf der Pressekonferenz in Prag.

(Foto: dpa)

Außenminister Westerwelle macht sich in Prag für den EU-Haushaltspakt stark. Tschechien war dem Pakt ferngeblieben und hatte den Schulterschluss mit London geübt.

Außenminister Guido Westerwelle hat zum 20. Jahrestag der Unterzeichnung des Prager Nachbarschaftsvertrags die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Tschechien und Deutschland unterstrichen und für ein geeintes Europa geworben. "Aus einer Konfliktgemeinschaft sind unzertrennliche Partner und enge Freunde geworden", sagte der FDP-Politiker in Prag. Sein tschechischer Kollege Karel Schwarzenberg sprach von einem "enormen Fortschritt" in den bilateralen Beziehungen.

Zuletzt trübten Differenzen in der Europapolitik das Verhältnis zwischen Berlin und Prag. Als einziger EU-Staat neben Großbritannien hatte Tschechien den am vorigen Freitag in Brüssel unterzeichneten abgelehnt. Der Pakt soll für mehr Ausgabendisziplin sorgen. "Für diejenigen, die bislang nicht unterzeichnet haben, bleibt aus Sicht der Bundesregierung die Tür offen", versprach Westerwelle. Schwarzenberg dämpfte indes mit Blick auf seine euroskeptischen Koalitionspartner die Hoffnungen auf ein baldiges Nachrücken Tschechiens. "Den Schaden kann man gewöhnlich erst nach der Katastrophe feststellen", sagte Schwarzenberg.

Westerwelle warb bei den Skeptikern in Prag für den Haushaltspakt. "Kehren wir Europa den Rücken, verurteilen wir uns selbst zur Bedeutungslosigkeit in der Welt von morgen", mahnte Westerwelle. Die Schuldenkrise müsse gemeistert werden, um das Vertrauen in das europäische Projekt wiederherzustellen. "Mit dem Dreiklang aus Solidarität, Stabilität und Wachstum sind wir auf dem richtigen Weg", sagte der liberale Politiker.

Genscher kann nicht kommen

Er bedauerte, dass nicht an der Feierstunde im Prager Senat teilnehmen konnte, da er sich nach Angaben seines Büros auf eine Herzoperation vorbereitet. Genscher hatte am 27. Februar 1992 zusammen mit seinem inzwischen gestorbenen Kollegen Jiri Dienstbier, Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl und dem im Dezember gestorbenen Präsidenten Vaclav Havel in Prag den historischen Nachbarschaftsvertrag unterzeichnet.

Ende Februar hatte Genscher gesagt: "Tschechen und Deutsche hatten das Glück, dass damals in Prag Leute die Verantwortung getragen haben, die wirkliche Europäer waren und das Land mit großer Verantwortung geführt haben." Nach Ansicht Westerwelles verkörpert Genscher wie wenige die Versöhnung zwischen Tschechen, Slowaken und Deutschen. "Sein Auftritt auf dem Balkon der Deutschen Botschaft in Prag im Herbst 1989 ist unvergessen", sagte der Außenminister. Dort hatte Genscher den auf dem Botschaftsgelände versammelten DDR-Flüchtlingen ihre mögliche Ausreise verkündet.

Der Nachbarschaftsvertrag stellte die gegenseitigen Beziehungen nach der demokratischen Wende von 1989 auch rechtlich auf eine neue Grundlage. Die Vertreibung der deutschen Minderheit nach dem Zweiten Weltkrieg - basierend auf den Benes-Dekreten - hatte lange einen Schatten auf das Verhältnis beider Länder geworfen. "Besetzung, Krieg und Vertreibung haben unsägliches Leid gebracht", sagte Westerwelle in Prag.

Quelle: ntv.de, dpa/rts

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