Politik

"Europa muss sich kümmern" Westerwelle fliegt nach Kiew

Die Opposition hat einen Rückschlag erlitten. Trotzdem macht sie weiter.

Die Opposition hat einen Rückschlag erlitten. Trotzdem macht sie weiter.

(Foto: AP)

Die ukrainische Regierung scheint die Massenproteste einfach aussitzen zu wollen. Während der Staatspräsident erst einmal auf Asienreise geht, versuchen Europarat und Nato-Außenminister nun erstmals offen Einfluss in dem Konflikt zu nehmen.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle reist nach einigem Zögern jetzt doch in die Ukraine. Er werde noch im Laufe des Tages nach Kiew fliegen und an einem Ministertreffen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) teilnehmen, sagte er beim noch laufenden Treffen der Nato-Außenminister in Brüssel. Am Vorabend war die Reise noch nicht bestätigt worden, weil die Lage in der Ukraine zu unübersichtlich sei.

"Das ist eine zutiefst europäische Angelegenheit, was wir in der Ukraine beobachten", sagte Westerwelle. "Es ist erkennbar so, dass die Ukraine in großen internen Diskussionen ist. Und hier muss sich Europa auch kümmern, denn es geht ja auch um Europa." Er werde in Kiew "auch bilaterale Gespräche" führen. Nähere Angaben machte er nicht.

Auch Europarat und Nato versuchen Einfluss zu nehmen

Neben Westerwelle reist auch der Generalsekretär des Europarats Thorbjørn Jagland nach Kiew, wo er Regierungschef Nikolai Asarow und die Vorsitzenden der Parlamentsparteien treffen will. Ziel sei es, die Spannungen im Mitgliedsland des Europarates abzubauen und zu prüfen, ob ein Dialog möglich erscheint, teilte der Europarat in Straßburg mit.

Bei ihrem Treffen in Brüssel verfassten die Außenminister der 28 Nato-Staaten zuvor gemeinsam eine Erklärung zur Krise in der Ukraine. Darin wird gefordert, die "übermäßige Gewalt" gegen Demonstranten zu stoppen. "Gewalt hat keinen Platz in einem modernen europäischen Staat", sagte der amerikanische Außenminister John Kerry. Die Außenminister fordern Regierung und Opposition in der Ukraine zudem auf, in einen Dialog zu treten und einen Reformprozess zu starten. Auch die Parlamente in Polen und Litauen riefen die Ukrainer zu Gewaltverzicht auf.

Protestierende verbringen 13. Nacht im Freien

In einer Zeltstadt auf dem Kiewer Unabhängigkeitsplatz verbrachten unterdessen wieder tausende prowestliche Ukrainer die 13. Nacht in Folge im Freien und protestieren weiter gegen Präsident Viktor Janukowitsch. Bei Temperaturen unter null Grad fordert die Opposition um Boxweltmeister Vitali Klitschko weiter einen Rücktritt der Regierung. Die Demonstranten halten noch immer mehrere Gebäude in der Stadt besetzt.

Die pro-westliche Opposition war am Dienstag mit einem Misstrauensantrag gegen Ministerpräsident Nikolai Asarow gescheitert. Damit bleibt der enge Vertraute des ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch im Amt. Oppositionspolitiker und Boxweltmeister Vitali Klitschko sprach von einer Enttäuschung. Die Proteste würden aber weitergehen. Ziel seien vorgezogene Parlaments- und Präsidentenwahlen. Die Protestierenden wollen außerdem erreichen, dass sich ihr Land wieder der EU annähert und ein bereits vertragsfertiges Assoziierungsabkommen mit der Staatengemeinschaft unterzeichnet.

Staatschef Janukowitsch hatte seine Unterschrift unter ein fertig ausgehandeltes Partnerschaftsabkommen mit der EU verweigert, weil er politische Spannungen mit dem mächtigen Nachbarn Russland fürchtet. Aktuell hält sich der ukrainische Präsident in China auf, um mit der Führung dort über Investitionen in die Wirtschaft der finanzschwachen früheren Sowjetrepublik zu verhandeln. Ende der Woche wird Janukowitsch in Russland erwartet. Bei den Gesprächen dort geht es auch um mögliche Rabatte für russische Gaslieferungen.

Der Oppositionspolitiker Klitschko kündigte an, dass die Regierungsgegner weiter gegen Janukowitsch protestieren werden. "Wir machen weiter mit unserem Kampf gegen diese korrupte Regierung. Die Tage von Janukowitsch sind gezählt", sagte er der "Bild-Zeitung".

Quelle: ntv.de, nsc/dpa

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