"Meditieren tue ich nicht" Wie Merkel den Samstagabend verbringt
28.08.2014, 08:17 Uhr
Um Pflaumenkuchen ging es diesmal nicht.
(Foto: AP)
Vor Publikum läuft Bundeskanzlerin Merkel regelmäßig zur Höchstform auf. In einem Berliner Theater erntet sie mit ihrem trockenen Humor viele Lacher. Applaus gibt es auch für ihr Bekenntnis zur Langsamkeit.
Die Rollen sind klar verteilt. Die Kanzlerin muss nur ihren typischen, leicht lakonischen Blick aufsetzen, schon lacht das Publikum. Vor einem Jahr habe sich Angela Merkel zuletzt einem solchen Format gestellt, sagt "Cicero"-Chefredakteur Christoph Schwennicke, der zusammen mit einem Kollegen auf der Bühne des Berliner Ensembles sitzt und die Kanzlerin befragt.
Er meint einen Abend im März 2013, in einem anderen Theater der Hauptstadt, als Merkel auf Einladung der Zeitschrift "Brigitte" über ihr Leben als Kanzlerin plauderte. Schwennicke erinnert daran, dass es damals um die Zubereitung von Pflaumenkuchen ging. Jetzt sei zwar wieder Pflaumenzeit, aber die Zeit sei nicht reif für ein Gespräch über Pflaumenkuchen. "Ich red' mit Ihnen, worüber Sie wollen", entgegnet Merkel. Gelächter. Die burschikose Art der Bundeskanzlerin kommt immer wieder gut an.
Zunächst geht es um den Krieg in der Ukraine. "Das ist schon eine ernste Situation", sagt Merkel. Deutschland bemühe sich um eine diplomatische Lösung. In Russland gebe es aber leider ein Denken in Einflusssphären, "das wir nicht kennen". Dennoch suche sie immer ein gutes und konstruktives Verhältnis zu Russland. Hat sie einen besonderen Draht zum russischen Präsidenten Wladimir Putin? "Ich weiß nicht, ich hab' erstmal 'ne ganz normale Telefonverbindung zu ihm." Gelächter.
Distanzierte Anführungszeichen
Niemand lacht, als es um die Dschihadistengruppe "Islamischer Staat" geht. Merkel widerspricht der Einschätzung, dieser Krieg sei "weit weg". Der IS bestehe aus 20.000 Kämpfern, 2000 davon kämen aus Europa, allein aus Deutschland seien es 400. "Da kann man doch nicht sagen, das hat mit uns nichts zu tun!" Einer "aktiven Außenpolitik", die Bundespräsident Joachim Gauck, Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen seit Monaten fordern, will sie auch auf Nachfrage nicht das Wort reden. "Ich kann nicht sagen, dass wir in den letzten Jahren nicht aktiv dabei waren." Sie betont das Wort "aktiv", spricht es gewissermaßen in distanzierten Anführungszeichen.
Aber warum dauert es immer so lange, bis Merkel eine Entscheidung fällt? "Wenn ich nicht fertig gedacht habe, kann ich nicht entscheiden." Nicht alle Entscheidungen müssten so schnell getroffen werden, wie es von der Öffentlichkeit verlangt werde. "Abgewogene Entscheidungen halten länger und sind sehr viel robuster." Auf die Frage, ob es Projekte gebe, die sie im Rest der Legislaturperiode "mit Herzblut" verfolgen werde, nennt Merkel den Breitbandausbau, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Integration von Zuwanderern.
Am Schluss darf das Publikum noch drei Fragen stellen. Niemand fragt nach Pflaumenkuchen, eine Zuschauerin will wissen, ob Merkel Yoga mache oder meditiere, um sich vom Stress ihres Amtes zu erholen. "Meditieren tue ich nicht", sagt sie, aber sie versuche, sich immer wieder an der frischen Luft zu bewegen. Außerdem halte sie sich, wenn möglich, den Samstagabend frei. Wenn sie früher um 16 Uhr gegangen sei, habe es häufig geheißen, die Kanzlerin müsse zum nächsten Termin. Sie habe dann immer gesagt: "Nein, ich muss nicht zum nächsten Termin, ich muss auch mal nach Hause." Für diesen Satz gibt es kein Gelächter, aber viel Applaus. Beim Rausgehen sagt eine Dame: "Eine Stunde war aber auch genug." Auch sie will offenbar nach Hause.
Quelle: ntv.de