Politik

Das erste Treffen in Hamburg Wie Trump sich Putin vorsichtig nähert

Die Erwartungen an das Treffen von US-Präsident Trump mit seinem russischen Amtskollegen Putin waren gering. Doch im Anschluss wird eine Waffenruhe für Teile Syriens verkündet. Auffallend ist, wie sehr sich vor allem Trump in großer Zurückhaltung übt.

Die erste Begegnung von Donald Trump und Wladimir Putin findet ohne die Öffentlichkeit statt. Die Staats- und Regierungschefs der G20 kommen am Vormittag nach und nach am Tagungsort an, den Hamburger Messehallen. Einer nach dem anderen spaziert an Kanzlerin Angela Merkel vorbei und begrüßt sie. Danach passiert es, zumindest laut Kreml-Sprecher Dmitri Peskow: "Sie gaben einander die Hand und sagten, dass sie sich extra treffen und bald sehen werden." Gemeint ist das bilaterale Treffen am Nachmittag.

Nachrichtenagenturen verbreiteten das Zitat Peskows rasch, erst russische, dann die des Rests der Welt. Bilder dazu folgen erst Stunden später – durch einen Post der deutschen Bundesregierung auf Facebook, den man durchaus als "Behind the Scenes"-Video des Gipfelstarts bezeichnen kann. Einer der offiziellen Fotografen der Bundesregierung hat den Moment eingefangen.

Annäherung? Vorläufig.

Was ist zu sehen? Trump greift mit seiner freien Hand nach Putins Unterarm, wohl um seinen Handschlag zu untermauern. Ein Schnitt später ist zu sehen, wie er dem russischen Präsidenten auf die Schulter klopft. Putin scheint zu lächeln. Freundlich, aber etwas unbeholfen wirkt die Szene. Ist das nun schon ein Zeichen der Wiederannäherung? Lange ist das unklar. Am Ende des Tages aber heißt die Antwort zumindest vorläufig: Ja.

Nach dem Treffen sorgten Meldungen über die Einigung auf eine Waffenruhe im Südwesten für Irritationen. Zunächst hatte es geheißen, sie sei von den beiden Präsidenten vereinbart worden. Später sagte Russlands Außenminister Sergej Lawrow, die Einigung sei bereits vor ein paar Tagen in Amman erzielt worden. Die Waffenruhe soll bereits am Sonntag in Kraft treten. "Es ist unser erster Erfolg", sagt Außenminister Rex Tillerson. Er hoffe, dass dies fortgesetzt werden könne in anderen Regionen Syriens.

Die Haltung der USA zu Syriens Präsident Baschar al-Assad bleibt laut Tillerson unverändert. "Wir sehen keinen Platz für die Familie Assad in der politischen Zukunft Syriens", sagte er. Es sei jedoch noch nicht entschieden, wie eine Machtübergabe und ein Abdanken Assads gestaltet werden könne. Trump selbst äußerte sich zunächst nicht. Ein Umstand, der zum Rest seines Auftritts in Hamburg passt. Er sucht die Annäherung zu Putin und Russland, ist dabei aber zurückhaltend, vorsichtig.

Seit einem Jahr ermittelt das FBI

Gemeinsam zu sehen sind Trump und Putin zunächst bei Tagesordnungspunkt 3, dem "G20 Leaders Retreat", keine offizielle Arbeitssitzung, aber eine informelle Besprechung. Inhaltlich geht es um Terrorismus, ein Thema, das mit Blick auf Trump und Putin durchaus brisant sein könnte. Doch die G20 einigen sich, wie Kanzlerin Merkel später mitteilen wird, auf ein Kommuniqué. Die Bilder, die vor den abgeschirmten Gesprächen um die Welt gehen, liefern praktisch kein Material für Interpretationen – außer die, dass Trump es nicht ausdrücklich darauf anlegt, sich Putin in großen Gesten zu nähern.

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Das offizielle Gruppenbild.

(Foto: imago/Future Image)

Trump sitzt zur Linken von Merkel. Daneben die britische Premierministerin Theresa May, dann der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, dann Spaniens Mariano Rajoy und Südafrikas Jacob Zuma. Erst daneben folgt Präsident Putin. Ähnlich verhält es sich beim offiziellen Gruppenfoto. Trump steht fast ganz rechts. Ihn und Putin trennen sechs andere Staatschefs. Auch beim Weg  zum und vom Fotostandort kommen sich die beiden nicht deutlich näher. Daran, dass es zu einem greifbaren Ergebnis in den Beziehungen zwischen den USA und Russland kommt, glauben zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich noch wenige.

Denn es ist klar, unter welchem Druck der US-Präsident steht. Als Trump noch um die Wahl zum Präsidenten kämpfte, sah zwischen Amerika und den USA noch einiges nach Wiederannäherung aus. Putin schmeichelte Trump, als er sagte: "Er ist ein schillernder Mensch, talentiert, ohne Zweifel." Trump war geschmeichelt. "Ich kenne Putin nicht. Er ist nicht mein bester Freund. Er hat nette Dinge über mich gesagt. Es ist sicherlich förderlich, wenn wir gut mit Russland auskommen."

Doch die Zeiten haben sich verändert. Seit einem Jahr ermittelt das FBI. Die Bundespolizei prüft mögliche illegale Kontakte von Trumps Team zu Russland. Trump selbst steht am Pranger, weil er womöglich Ermittlungen behindert hat. Hinzu kommen die Vorwürfe, dass Moskau mit Hackerangriffen Einfluss auf den Ausgang der US-Wahl genommen hat – zu Trumps Gunsten. Ein US-Präsident nach Moskaus Wahl?

Trump wünscht sich offensichtlich weiterhin die Annäherung, darf dies aber nicht allzu deutlich zeigen, sonst droht ihm Kritik zuhause, und davon hat er schon jetzt mehr als genug.

Trump ignoriert kritische Fragen

Um kurz nach 16 Uhr sitzen Trump und Putin dann endlich ganz offiziell nebeneinander – jeweils flankiert von ihren Außenministern Tillerson und Lawrow. Anfangs wirken sie locker, dann immer angespannter. Putin nestelt an seinem Ringfinger. Trump formt mit seinen Händen die Merkel-Raute und lehnt sich auf seinem Stuhl ziemlich gestelzt vor. Dabei verkünden die beiden eigentlich nichts Weltbewegendes.

Es sei ihm eine Ehre, Putin zu treffen, sagt Trump. Er hoffe, dass "positive Dinge geschehen". Putin erwidert Trumps Signal der Freude über das Treffen. Er wolle die drängendsten bilateralen und internationalen Fragen besprechen und auch er hoffe "auf positive Ergebnisse". Persönliche Gespräche seien dringend nötig.

Es passiert dann auch genau das, was Trump befürchtet haben muss. Ein Journalist fragt nach möglicher russischer Wahlbeeinflussung. Trump ignoriert die Frage. Wenig später ist der Auftritt vorbei und das Gespräch der beiden geht unter Ausschluss der Öffentlichkeit weiter.

Worum es darin gehen dürfte, ist allen klar. Seit Trump US-Präsident ist, dürfte ihm bewusstgeworden sein, dass eine Annäherung mit Russland nicht so leicht ist, wie er sich das einmal vorgestellt hat. Auch unabhängig von Vorwürfen rund um Russlandkontakte und Wahlbeeinflussung. Das zeigt sich vor allem in Syrien.

Trump sah sich gezwungen, auf einen Giftgasangriff zu reagieren, für den der Westen das Regime von Baschar al Assad verantwortlich macht. Der US-Präsident griff eine Luftwaffenbasis Assads mit Marschflugkörpern an. Russland unterstützt den syrischen Präsidenten und zeigte sich empört. Dann schoss ein US-Jet einen syrischen Kampfflieger ab. Moskau hebelte die Vereinbarung aus, die durch Absprachen Zwischenfälle im syrischen Luftraum verhindern sollte.

Gespräch dauert 140 Minuten

Ähnlich vertrackt ist die Lage, wenn es um Osteuropa geht. Der US-Kongress pocht auf härtere Sanktionen gegen Russland. Erst am Donnerstag bei seinem Besuch in Polen warf auch Trump persönlich Russland "destabilisierendes Verhalten" vor. Er bekannte sich deutlich wie nie zu Artikel 5 des Nato-Vertrags, der Beistandspflicht.

Auch Nordkorea drängt sich als Thema auf. Nach dem jüngsten Test einer Interkontinentalrakete Pjöngjangs sind die Spannungen größer denn je. Das bei Nordkorea normalerweise eher zurückhaltende Russland signalisierte immerhin, es wäre bereit, über mögliche UN-Resolutionen zu sprechen. Die G20 pochen auf eine Entscheidung des Sicherheitsrats.

Doch Trump und Putin reden deutlich länger als geplant. Eigentlich sollte das Gespräch nur eine halbe Stunde dauern, am Ende sind es 140 Minuten. Als Außenminister Tillerson die Meldung bestätigt, sitzt Trump bereits in der Elbphilharmonie und lauscht Beethovens Neunter – dem Abendprogramm des Gipfels.

Quelle: ntv.de

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