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"European Sky Shield" Wie sich Europa vor Raketen schützen will

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Russland verfügt über Systeme für ballistische Kurzstreckenraketen - wie dieses vom Typ 9K720 Iskander.

Russland verfügt über Systeme für ballistische Kurzstreckenraketen - wie dieses vom Typ 9K720 Iskander.

(Foto: picture alliance/dpa/Russian Defence Ministry)

Wenn es um die Abwehr ballistischer Raketen geht, klaffen in der europäischen Verteidigung Lücken. Diese will Deutschland gemeinsam mit 18 weiteren Staaten schließen. Wie weit die Pläne für ein Luftverteidigungssystem gediehen sind und wer mitmacht -ein Überblick.

Was ist die "European Sky Shield"-Initiative?

Mit dem "European Sky Shield" wollen Deutschland und mehr als ein Dutzend weitere Verbündete eine europäische Luftverteidigung aufbauen. Ziel des Schutzschirms ist es, Lücken bei der Luftverteidigung zu schließen. In den von Deutschland angeregten Abwehrschirm sollen unterschiedliche Systeme eingebunden werden, die zur Abwehr von Mittel- und Langstreckenraketen oder auch bewaffneten Drohnen geeignet sind - auch zum Schutz vor möglichen Angriffen aus Russland.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius spricht von einem europäischen "Himmelsschild". Seinen Angaben zufolge wurde die Initiative "nicht als ein strategisches militärisches Bündnis, sondern vor allem als eine Beschaffungskooperation" gestartet. Sie gewährleiste, Systeme aufeinander abgestimmt einsetzen zu können.

Warum gibt es die Initiative?

Russlands Angriffe auf die Ukraine haben nach Ansicht der Bundesregierung die Notwendigkeit verdeutlicht, eine europäische Luftverteidigung aufzubauen. Das Bundesverteidigungsministerium verweist darauf, dass Russland "unbemannte Systeme, ballistische Raketen, Marschflugkörper und Hyperschallflugkörper vielfach in der Ukraine" einsetzt. Dies zeige, wie wichtig eine leistungsfähige Luftverteidigung für Europa sei, um künftigen Bedrohungen entgegenwirken zu können.

Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete eine gemeinsame Luftverteidigung Ende August des vergangenen Jahres als "Sicherheitsgewinn für ganz Europa". Zudem sei es "kostengünstiger und effizienter, als wenn jeder von uns seine eigene, teure und hochkomplexe Luftverteidigung aufbaut".

Was ist in der Initiative geplant?

Die in der Allianz zusammengeschlossenen Länder wollen gemeinsam Flugabwehrsysteme kaufen. So soll nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums das moderne, deutsche Luftverteidigungssystem Iris-T SLM erworben werden, das bereits in der Ukraine zum Einsatz kommt. Die Staaten setzen auch auf die in den USA hergestellten Patriot- und israelische Arrow-Systeme.

Wo bestehen bislang Lücken in der Luftverteidigung?

Eine Lücke gibt es nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums in der Abwehr von weitreichenden ballistischen Raketen. Diese müsse schnell geschlossen werden - insbesondere, da Russland über diese Waffen verfüge. Lücken und Bedarf an einem Ausbau der Fähigkeiten gebe es auch bei kurzen und mittleren Reichweiten "mit Blick auf mögliche Luftangriffe im Nahbereich, wozu auch Bedrohungen durch Drohnen gehören".

Wer macht mit?

Scholz' Vorschlag zu einem "European Sky Shield" haben sich neben Deutschland bislang 18 Staaten angeschlossen - darunter mit Österreich und der Schweiz zwei Nachbarländer Deutschlands. Mit dabei sind neben Staaten wie Großbritannien und den Niederlanden eine Reihe osteuropäischer Länder. Die Initiative steht nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums weiteren interessierten Staaten offen.

Was ist mit anderen europäischen Ländern?

Innerhalb Europas herrscht Uneinigkeit mit Blick auf den "European Sky Shield". Frankreich, Italien und Polen haben sich der Initiative nicht angeschlossen. Paris stößt sich daran, dass für das Projekt auch Technologie aus Israel und den USA eingekauft werden soll - und damit also solche, die nicht aus Europa stammt.

Frankreich setzt stattdessen auf das mit Italien entwickelte Boden-Luft-System vom Typ SAMP/T - Mamba. Außerdem will Frankreich mit vier weiteren Staaten mehrere hundert Boden-Luft-Raketen vom französischen Typ Mistral gemeinsam einkaufen. Dies wiederum weckt bei Kritikern in Deutschland den Verdacht, Frankreich wolle in erster Linie die eigene Rüstungsindustrie befördern.

In welchem Verhältnis steht der "European Sky Shield" zur NATO?

Das europäische Luftraum-Verteidigungssystem soll den "europäischen Pfeiler in der NATO" stärken, heißt es beim Bundesverteidigungsministerium. Es sei beabsichtigt, die Fähigkeiten in die vom NATO-Befehlshaber für Europa geführte Luftverteidigung des NATO-Gebietes einzubinden. Es sind aber auch Nicht-NATO-Mitgliedstaaten dabei, wie nun Österreich und die Schweiz. Beide Länder haben ihre "neutralitätsrechtlichen Vorbehalte" nach Angaben der Schweizer Verteidigungsministerin Viola Amherd in einer Zusatzerklärung festgehalten.

Quelle: ntv.de, Maximilian Hett, AFP

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