Militär zieht Wahlregistrierung vor Wieder Toter bei Protesten Kairo
06.02.2012, 21:31 Uhr
Seit den Fußballkrawallen von Port Said sind die Stimmen der Revolution wieder lauter geworden.
(Foto: dpa)
In Ägypten halten die Proteste gegen die Militärregierung an. In Kairo gab es wieder gewaltsame Auseinandersetzungen mit der Polizei. Dabei verlor ein Demonstrant das Leben. Derweil scheinen die Generäle auf die Forderungen der Protestbewegung einzugehen.
Bei erneuten Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften in Kairo ist ein Mensch getötet worden. Das teilte das Gesundheitsministerium mit. Damit stieg die Zahl der Toten seit dem Beginn der neuen Protestwelle auf 13. In der Umgebung des Innenministeriums warfen Demonstranten Steine auf die Sicherheitskräfte. Die Polizei feuerte regelmäßig mit Tränengasgranaten, in der Nähe des Tahrir-Platzes schoss die Polizei zudem laut Angaben von Augenzeugen mit Schrotkugeln. Parlamentspräsident Saad al Katatni sagte, das Innenministerium habe ihm versichert, es würden keine Schrotkugeln eingesetzt. Der liberale Abgeordnete Mohammed Abu Hamed zeigte daraufhin im Parlament eine Patronenhülse, die er nach eigenen Angaben am Ort der Zusammenstöße gefunden hatte.
Die Demonstranten verlangen einen schnelleren Wandel. In Ägypten mehren sich nun die Zeichen dafür, dass das Militär die Macht tatsächlich schneller an eine gewählte Zivilregierung übergeben könnte. Der Chef des regierenden Militärrates, Mohamed Hussein Tantawi, rief dazu auf, die Vorbereitungen für die Präsidentenwahl rasch abzuschließen. Er habe die Dringlichkeit bei einem Treffen mit der Spitze der Verfassungsgebenden Versammlung betont, berichtete die staatliche ägyptische Nachrichtenagentur.
Bewerbungen für die Präsidentenwahl würden ab 10. März angenommen, sagte Abdel Moes Ibrahim, ein Mitglied des obersten Wahlkomitees. Damit beginnt die Registrierung ein Monat früher als geplant, die Wahl könnte bereits im April oder Mai stattfinden. Die Vorbereitungen würden beginnen, sobald die Wahl für den Schura-Rat - das Oberhaus des Parlamentes - in diesem Monat abgeschlossen seien, sagte Ibrahim der Online-Ausgabe von "Al Ahram". Diese Entscheidung sei eine Reaktion auf den Druck politischer Gruppen, den Übergang von der Militär- zu einer Zivilregierung voranzutreiben.
USA warnen Ägypten
Derweil gab es aus den USA und Deutschland Kritik am Vorgehen Ägyptens gegen Stiftungsmitarbeiter. Am Wochenende hatte das Kairoer Justizministerium mitgeteilt, dass sich etwa 40 Mitarbeiter von Menschenrechtsorganisationen und Stiftungen wegen angeblich verbotener Aktivitäten vor Gericht verantworten müssen. Die Beschuldigten würden in Kairo vor Gericht gestellt. Einer der betroffenen Bürger sei Sam LaHood, Sohn des US-Verkehrsministers Ray LaHood. Er zeichnete für das ägyptische Büro des International Republican Institute verantwortlich. Über alle Beschuldigten sei ein Ausreiseverbot verhängt worden.
Die ägyptische Polizei hatte im Dezember die Büros von 17 Menschenrechts- und durchsucht, darunter die Konrad-Adenauer-Stiftung sowie mehrere US-Institutionen. Hintergrund der Razzien waren Ermittlungen im Zusammenhang mit der Finanzierung der Einrichtungen.
Sollten die Mitarbeiter vor Gericht gestellt werden, könne sich das auch auf das US-Hilfsprogramm für das Land auswirken, sagte nun ein Sprecher des US-Präsidialamtes. Die USA leisten Ägypten pro Jahr 1,3 Milliarden Dollar an Militärhilfe.
Empörung auch in Deutschland
Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte, sollten sich die Meldungen über eine Anklageerhebung gegen zwei Vertreter der Konrad-Adenauer-Stiftung bestätigen, werfe das ein "negatives Schlaglicht auf den Stand des Transformationsprozesses". Die "anhaltende Behinderung" der Arbeit der CDU-nahen Stiftung sei auch wichtiges Thema bei den Gesprächen von Minister Guido Westerwelle in Kairo gewesen.
Die Konrad-Adenauer-Stiftung protestierte dagegen, dass in Ägypten ein Strafverfahren wegen illegaler Präsenz gegen zwei ihrer Mitarbeiter angestrengt werden soll. Zudem werde den betroffene Organisationen vorgeworfen, sie seien an illegalen ausländischen Geldtransfers beteiligt. Es sei "nicht hinnehmbar und völlig unakzeptabel", dass gegen die Stiftung und ihre Mitarbeiter in dieser Form vorgegangen werde, sagte der KAS-Vorsitzende, Hans-Gert Pöttering. Er habe die Anschuldigungen im Gespräch mit dem ägyptischen Botschafter in Deutschland, Ramzy Ezzeldin Ramzy, zurückgewiesen, teilte die Stiftung mit.
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe bezeichnete das Vorgehen Ägyptens als "nicht hinnehmbar". Institutionen wie die Konrad-Adenauer-Stiftung setzten sich genau für die Werte ein, für die die Menschen im Arabischen Frühling mutig auf die Straßen und Plätze gegangen seien, sagte Gröhe. Er forderte die ägyptische Regierung auf, die Arbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung nicht weiter zu behindern.
Quelle: ntv.de, rts/AFP/dpa