Friedrich ersetzt Sicherheitspersonal Wilde Spekulationen kursieren
01.08.2012, 19:12 UhrVon der Kanzlerin bekommt er Rückhalt. Doch Opposition und Polizeigewerkschaften üben weiterhin heftige Kritik an Innenminister Friedrich. Sie wollen wissen, warum er das Spitzenpersonal seiner Sicherheitsbehörden austauschte. Die Bandbreite der Spekulationen reicht schon von einfachen Disziplinarmaßnahmen bis hin zur großen Verschwörungstheorie.
Bundeskanzlerin Angela Merkel von der CDU hat Hans-Peter Friedrich demonstrativ den Rücken gestärkt. "Die Bundeskanzlerin hat vollstes Vertrauen in den Innenminister", sagte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter. Der CSU-Politiker hatte die gesamte Spitze der Bundespolizei entlassen und sah sich dafür heftiger Kritik ausgesetzt.
Friedrich ließ die konkreten Gründe für den Personalwechsel auch weiterhin offen. "Die Grundlagen für eine vertrauensvolle und gedeihliche Zusammenarbeit waren nicht mehr vorhanden", sagte er lediglich. Damit feuerte er die Kritik und Spekulationen von Opposition und Polizeigewerkschaften trotz des Machtworts der Kanzlerin aber nur weiter an.
Die "Neue Presse" berichtete, der gefeuerte Präsident Matthias Seeger sei wegen Verfehlungen von Bundespolizisten in Afghanistan entlassen worden. Seeger habe das vor der Residenz des Botschafters in Kabul im Jahr 2009 nicht geahndet. Dies habe das Fass für Friedrich zum Überlaufen gebracht. Friedrichs Ministerium äußerte sich nicht dazu.
Ist Friedrich Opfer alter Seilschaften?
Auch einen Bericht des "Tagesspiegel", Friedrich plane nun vor dem Hintergrund der Versäumnisse bei der Bekämpfung des Rechtsterrorismus möglicherweise doch eine Fusion von Bundespolizei und Bundeskriminalamt BKA, wollte das Ministerium nicht bestätigen. Friedrich werde aber im Herbst Pläne für eine bessere Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden vorlegen, hieß es. Der frühere Bundespolizeichef Seeger galt als Gegner einer Fusion.
Auch zu einer dritte Theorie, Friedrich habe die Spitzen der Sicherheitsbehörden geschasst, um ihm nahestehendes Personal zu installieren, sagte der Minister nichts.
Mit dem neuen Bundespolizeichef Dieter Romann und dem neuen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen, die ihre Ämter nun auch offiziell übernommen haben, hob Friedrich zwei hohe Beamte seines Hauses an die Spitze der Sicherheitsbehörden: Der Jurist Romann war bisher Referatsleiters für Terrorismusbekämpfung im Innenministerium. Maaßen, der die Nachfolge von Verfassungsschutzchef nach diversen Pannen bei den Ermittlungen zur Neonazi-Terrorzelle NSU ablöste, war Stabschef für Terrorismusbekämpfung im Innenministerium.
Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Bernhard Witthaut, sagte, Friedrich sei in seinem Ressort möglicherweise das Opfer "alter Seilschaften", die ihre Personalvorstellungen durchsetzen wollten. Er forderte den Minister dazu auf, endlich konkrete Gründe für die Entlassungen an der Spitze der Bundespolizei zu nennen.
Linke beantragt Sondersitzung im Innenausschuss
Das forderte auch die Linke im Bundestag. Die Partei hat offiziell eine Sondersitzung des Innenausschusses zu den umstrittenen Personalentscheidungen beantragt. Das Parlament und die Öffentlichkeit hätten ein Recht darauf, die Hintergründe der "reihenweisen Entlassungen" der Spitzen der Sicherheitsbehörden zu erfahren. "Friedrichs Polizeiputsch muss schnellstmöglich vor den Innenausschuss", sagten die Abgeordneten Jan Korte und Ulla Jelpke.
Zuvor hatten auch SPD und Grüne angekündigt, eine Sondersitzung des Ausschusses zu beantragen. Ein Termin stand noch nicht fest.
Quelle: ntv.de, ieh/dpa/AFP