Politik

Europas Rechte hofft auf die Europawahl Wilders und Le Pen wollen das Mega-Bündnis

Le Pen und Wilders bei ihrem Treffen in Paris

Le Pen und Wilders bei ihrem Treffen in Paris

(Foto: https://twitter.com/geertwilderspvv)

Sie setzen auf Euroskepsis und Islam-Hass. Die Rechtspopulisten Geert Wilders und Marine Le Pen schmieden an einem Bündnis für die Europawahl. Auch die deutsche AfD hat schon entschieden, ob sie daran teilnimmt.

Die AfD will auf keinen Fall mitmachen. Ob die deutschen Euroskeptiker die Drei-Prozent-Hürde nehmen, ist noch völlig ungewiss. Doch so viel steht schon fest: An einem Bündnis mit den Rechtspopulisten Geert Wilders und Marine Le Pen will man sich auf gar keinen Fall beteiligen. "Beide Parteien kommen weder jetzt noch in Zukunft für uns in Frage", sagte Parteichef Bernd Lucke n-tv.de. "Mit Rechtsextremisten wollen wir nichts zu tun haben." Dabei scheint die AfD nicht nur auf viele deutsche Wähler eine große Anziehungskraft auszuüben. Kooperationsanfragen von Rechtsaußenparteien aus Großbritannien, den Niederlanden und Österreich gingen in den vergangenen Monaten in der Parteizentrale ein.

Die Ablehnung der AfD mag noch so deutlich sein, Geert Wilders wird das kaum aufhalten. Es sind noch sechs Monate, bevor Ende Mai rund 375 Millionen Europäer über das neue EU-Parlament abstimmen. Zusammen mit Le Pen hat der Rechtspopulist große Pläne. "Es wäre doch fantastisch, wenn wir unsere Kräfte bündeln", sagte Wilders kürzlich im niederländischen Fernsehen. Zur Europawahl wollen beide ein Bündnis schmieden. Doch so einfach dürfte das nicht werden.

Le Pen: Gaskammern nur ein "Detail der Geschichte"

Die beiden wohl wichtigsten Köpfe der europäischen Rechten strotzen zurzeit nur so vor Selbstvertrauen. In den Umfragen zur Europawahl liegen ihre Parteien, Le Pens "Front National" und Wilders "Partei für die Freiheit", zwischen 25 und 30 Prozent. Euro-Skepsis und Islam-Hass sind im Jahr 2013 schwer angesagt. Umso offensiver arbeitet vor allem Wilders an seinen Plänen. Im Frühjahr traf er Le Pen in Paris zum Frühstück, in dieser Woche findet der Gegenbesuch statt. Man versteht sich inzwischen ganz gut.

Die wichtigsten Figuren der "Front National": Marine und Jean-Marie Le Pen.

Die wichtigsten Figuren der "Front National": Marine und Jean-Marie Le Pen.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Dabei gab es bis vor Kurzem erhebliche Differenzen zwischen ihren Parteien. Die holländische PVV ist zwar offen islamfeindlich, aber proisraelisch. Der "Front National" dagegen hat eindeutig antisemitische und rechtsradikale Wurzeln. Ihr Gründer Jean-Marie Le Pen sympathisierte immer wieder offen mit dem deutschen Nationalsozialismus. Für viel Aufsehen sorgte etwa eine Bemerkung, die Gaskammern seien nur ein "Detail der Geschichte". Heute versucht Le-Pen-Tochter Marine, die seit 2011 die Partei führt, dem "Front National" mit liberaleren Tönen einen moderneren Anstrich zu verleihen.

So macht auch Wilders inzwischen keinen weiten Bogen mehr um die französischen Rechten. Der Niederländer reiste zuletzt auch in andere Länder, in denen er Verbündete wähnt. In Schweden traf er Vertreter der rechtspopulistischen Schwedendemokraten, in Österreich FPÖ-Chef Christian Strache und in Belgien Filip Dewinter, den Fraktionschef der "Vlaams Belang". Offenbar mit Erfolg. Der Niederländer sei der perfekte Anführer einer rechten Europa-Allianz, lobte de Winter nach dem Treffen.

Der zersplitterte Rechts-Block

Das EU-Parlament in Brüssel: Im Mai stimmen rund 375 Millionen Europäer über die neue Zusammensetzung ab.

Das EU-Parlament in Brüssel: Im Mai stimmen rund 375 Millionen Europäer über die neue Zusammensetzung ab.

(Foto: picture alliance / dpa)

Gegen Europa, gegen Migration, gegen den EU-Beitritt der Türkei und vor allem gegen den Islam: Das sind die inhaltlichen Eckpfeiler der Rechtsparteien. Die europäische Krise und die Unzufriedenheit vieler EU-Bürger spielen Wilders, Le Pen & Co. in die Karten. Die Situation scheint ideal für einen neuen Anlauf, im Mai eine gemeinsame rechte Allianz zu bilden. In der Vergangenheit scheiterte dies meist. Schon seit 1994 gab es keine gemeinsame Fraktion mehr im EU-Parlament. 2007 schien es, als könnte der Zusammenschluss "Identität, Tradition, Souveränität" gelingen. Doch dann brachten Äußerungen der italienische Politikerin Alessandra Mussolini das Projekt zu Fall. Nachdem in Italien ein rumänischer Roma wegen Verdacht des Mordes festgenommen worden war, behauptete Mussolini, die Rumänen hätten "aus der Kriminalität einen Lebensstil gemacht" und seien von Geburt an "unfähig, Gesetze zu respektieren". Daraufhin stiegen die rumänischen Abgeordneten aus und die ITS brach auseinander.

Mindestens 27 Abgeordnete sind erforderlich, um im EU-Parlament eine Fraktion zu bilden. Darin müssten zudem Parlamentarier aus mindestens einem Viertel der Mitgliedsstaaten - also sieben - vertreten sein. Weil das zuletzt nicht gelang, ist die europäische Rechte im 766 Mitglieder starken Parlament zersplittert. Einige nationalkonservative, euroskeptische und rechtspopulistische Parteien gehören der kleinen Fraktion "Europa der Freiheit und Demokratie", kurz efd, an. Im Lager der Fraktionslosen tummeln sich nicht nur die Abgeordneten von Wilders Partei, sondern auch die extrem weit rechts stehende Europäische Allianz der nationalen Bewegungen und die immer noch ziemlich radikale Allianz für Freiheit, der auch der "Front National" angehört.

"Die Partei ist im Kern weiterhin antisemitisch"

Einfach dürfte es auch 2014 nicht werden. Das Spektrum der rechten Parteien ist breit. Einige sind gemäßigt, andere wollen den Euro abschaffen oder gar die EU auflösen. Noch dazu gibt es gegenseitige Abgrenzungstendenzen. So ließ Le Pen zuletzt erkennen, dass sie offen faschistische Parteien wie die ungarische "Jobbik" oder die "Goldene Morgenröte" aus Griechenland nicht in ihrem Bündnis sehen wolle. Lieber orientiert man sich in die andere Richtung. So traf sich Netzwerker Wilder zuletzt auch mit Vertretern der dänischen Volkspartei und der italienischen Lega Nord aus der efd-Fraktion. Die Grenzen zwischen den Gruppen sind durchlässig. Immer wieder wechselten zuletzt einzelne Abgeordnete, wie der Belgier Frank Vanhecke, von den fraktionslosen Gruppen der Rechten in die efd oder umgekehrt.

Doch die Bemühungen von Wilders und Le Pen stoßen nicht nur auf Zustimmung. Nigel Farage ist Parteichef der einflussreichen und immerhin acht Abgeordnete zählenden britischen United Kingdom Party. Der Anführer der efd-Fraktion schließt einen Eintritt in die Allianz aus. Dass man sich in der Ablehnung des europäischen Superstaats im Prinzip einig ist, hilft da wenig. Farage krisiert: Wilders könne nicht einerseits vorgeben, für die Meinungsfreiheit einzutreten, und gleichzeitig den Koran verbieten wollen. Über den "Front National" sagt er: "Marine Le Pen hat einiges verändert, aber die Partei ist im Kern weiterhin antisemitisch."

Wilders und Le Pen haben gelernt, wie man sich auch mit Differenzen arrangieren kann. Beim gemeinsamen Frühstück in Den Haag stehen daher wohl eher die Gemeinsamkeiten im Mittelpunkt. Denn beide wissen: Wenn sich Europas Rechte am Ende wieder nicht einigen kann, hat ihr Mega-Bündnis keine Chance.

Quelle: ntv.de

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