Politik

Bau-Fragen bei "Hart aber fair" "Wir brauchen 700.000 Wohnungen pro Jahr"

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
"Wer ist schuld an der Wohnungsnot?", fragt Louis Klamroth seine Gäste.

"Wer ist schuld an der Wohnungsnot?", fragt Louis Klamroth seine Gäste.

(Foto: WDR/Oliver Ziebe)

In Deutschland fehlt Wohnraum, und das dürfte sich so bald auch nicht ändern. Es hakt wegen der hohen Kosten und der Bürokratie. Das umstrittene Gebäudeenergiegesetz soll trotzdem im nächsten Jahr kommen, sagt die Bundesbauministerin bei "Hart aber fair".

In Deutschland wird zu wenig gebaut. Das wirkt sich besonders auf den Bestand an Wohnungen aus. Die Bundesregierung ist mit dem Vorhaben gestartet, dafür zu sorgen, dass jährlich 400.000 neue Wohnungen in Deutschland gebaut werden. Im vergangenen Jahr hat sie dieses Ziel sehr deutlich verfehlt: Schätzungen zufolge sind im Jahr 2022 gerade einmal 280.000 neue Wohnungen entstanden. Dabei stimmen die ursprünglichen Planungen der Bundesregierung schon lange nicht mehr. Bauunternehmer Dirk Salewski, der auch Präsident des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (FBW) ist, geht aktuell davon aus, dass jährlich bis zu 700.000 neue Wohnungen gebraucht werden. Ein Grund dafür sei die hohe Zahl von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine. Salewski gehört zu den Gästen der Sendung "Hart aber fair" in der ARD.

Auch Bundesbauministerin Klara Geywitz ist da. Und macht klar, dass sie den Start des Gebäudeenergiegesetzes nicht verschieben will, so wie es unter anderem die Bundesländer fordern. "Wenn wir das im Jahr 2024 nicht schaffen, ist die Wahrscheinlichkeit nicht besonders viel größer, dass sich die Politik das im Jahr 2025 traut", sagt die SPD-Politikerin. An der Tatsache, dass Deutschland den CO2-Ausstoß senken müsse, ändere sich nichts. "Deswegen müssen wir unseren Änderungswillen beweisen, auch wenn es schwierig wird", so Geywitz. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte vor Kurzem in der Diskussion um das Gesetz eingelenkt. Er könne sich vorstellen, den Start des Gesetzes notfalls um ein Jahr zu verschieben, hatte der Grünen-Politiker vor einigen Tagen erklärt.

Bauen könnte viel effizienter sein

Auch ohne Heizungsgesetz gibt es im Moment schon Bauhemmnisse, wie in der Sendung deutlich wird. Vor allem ist da die in Deutschland herrschende Regelungswut. Für den Bau neuer Immobilien sind Bund, Länder und Gemeinden zuständig. Grob gesagt sieht das so aus: Der Bund bestimmt, was gebaut wird, die Länder sagen wie, die Gemeinden wo.

Das hat zur Folge, dass in jedem Land andere Bauordnungen gelten. Unterschiede könne es zum Beispiel bei der Höhe von Treppenstufen oder Brüstungen geben, beim Einbau von Treppengeländern oder den Stellplätzen für Autos, erklärt Salewski. Die Höhe der Häuser wiederum regeln die Städte und Gemeinden, 10.760 an der Zahl. Das macht das Bauen teuer, weil so serielles Bauen fast unmöglich gemacht wird. Beim seriellen Bauen werden Gebäude industriell ganz oder teilweise vorgefertigt.

Bundesbauministerin Geywitz macht ein weiteres Problem aus: Die im letzten halben Jahr angestiegenen Kreditzinsen, die besonders Privatpersonen zu schaffen machen. Darauf habe die Politik keinen Einfluss, rechtfertigt sich Geywitz ein ums andere Mal. Doch das ist nur ein Teil der Wahrheit. Tatsächlich waren Kreditzinsen in Deutschland schon deutlich höher als jetzt. Allerdings gab es in den letzten Jahren einen extremen Zinseinbruch. Währenddessen stiegen die Baukosten dramatisch an. Nun steigen die Zinsen wieder, die Baupreise sinken aber nicht. Die Folge: "Es wird nicht mehr gebaut. Im zweiten Halbjahr des vergangenen Jahres hatten wir bei privaten Häuslebauern einen Stillstand", erklärt Salewski.

"Mehr staatliche Unterstützung"

Caren Lay glaubt, das Problem ebenfalls erkannt zu haben. Die wohnungspolitische Sprecherin der Linken-Fraktion im Bundestag fordert, der Bund solle mehr Geld für sozialen Wohnungsbau ausgeben. Nötig seien 15 Milliarden Euro pro Jahr. Die Ampelkoalition wolle mit 14 Milliarden auskommen - in fünf Jahren. Gleichzeitig müsse die Grunderwerbssteuer für private Hausbauer gesenkt werden. Zudem müsse verhindert werden, dass Wohnungsbaugesellschaften sich um die Zahlung dieser Steuer herumdrücken könnten. "Wir müssen das Steuerrecht vom Kopf auf die Füße stellen", fordert die Linken-Politikerin.

Doch am wichtigsten scheint zu sein, bei den insgesamt gut 3700 Bauvorschriften aufzuräumen. Da ist zum Beispiel die Sache mit dem Trittschall, eine Verordnung, die laut Buchautor und Journalist Gerd Matzig 2018 verschärft worden ist. Der Trittschall regelt die Lautstärke der Schritte, die der untere Mieter hören kann. Die Verordnung musste verschärft werden, weil wegen einer anderen Verordnung durch dichtere Fenster der Straßenlärm abgeschwächt worden war und so das Geräuschverhältnis nicht mehr stimmte.

Zudem fordert Salewski ein "Umbaurecht". Dadurch könnte zum Beispiel die Fläche von ehemaligen Tiefgaragen oder Supermärkten zu Wohnungen umgebaut werden. "So könnten etwa 2,7 Millionen Wohnungen geschaffen werden", prognostiziert Salewski.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen