Politik

Gehört der Islam zu Deutschland? Wirbel um neuen Innenminister

Kaum im Amt sorgt Innenminister Friedrich mit einer Äußerung zum Islam für Wirbel. Die Opposition spricht von einem "Fehlstart". Dagegen versteht Regierungssprecher Seibert die Aufregung nicht. Ob der Islam zu Deutschland gehört oder nicht, ist offenbar eine Frage der Auslegung.

Deutschlands neuer Innenminister kann sich noch nicht festlegen, ob der Islam zu Deutschland gehört.

Deutschlands neuer Innenminister kann sich noch nicht festlegen, ob der Islam zu Deutschland gehört.

(Foto: dpa)

Mit seiner Islam-Äußerung hat Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) kurz nach seinem Amtsantritt die Opposition und Teile der FDP gegen sich aufgebracht. Regierungssprecher Steffen Seibert versuchte die Wogen in Berlin zu glätten. Er betonte, nach Ansicht der Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und der Bundesregierung gehöre der Islam zu Deutschland.

Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt am Donnerstag hatte Friedrich gesagt, die in der Bundesrepublik lebenden Menschen islamischen Glaubens gehörten als Bürger zu Deutschland. "Aber dass der Islam zu Deutschland gehört, ist eine Tatsache, die sich auch aus der Historie nirgends belegen lässt." Dem widersprach nur Stunden später Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) mit den Worten: "Der Islam gehört selbstverständlich zu Deutschland."

Eine einmalige Fehlleistung?

Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz bezeichnete die Äußerung Friedrichs als "Blödsinn". "Herr Friedrich sollte die Scheuklappen ablegen und sich mit der Wirklichkeit unseres Landes auseinandersetzen", sagte er. "Ich hoffe, es bleibt bei dieser einmaligen Fehlleistung." Der Linke-Politiker Jan Korte sprach von einem "Fehlstart" des Ministers. Auch die Grünen hatten die Worte Friedrichs scharf kritisiert.

Der FDP-Innenexperte Hartfrid Wolff betonte: "Der Islam ist seit mehreren Generationen ein realer Teil Deutschlands. Weder die Verneinung dieses Tatbestandes hilft uns weiter, noch seine Verklärung in naiver Multikulti-Romantik."

Friedrich hatte seine Kritik an der Aussage von Bundespräsident Christian Wulff erneuert, der im Herbst 2010 gesagt hatte, auch der Islam gehöre zu Deutschland. Später versuchte ein Sprecher Friedrichs den Fauxpas gerade zu rücken: "Der Islam ist eine gesellschaftliche Realität Deutschlands. Das steht nicht im Widerspruch dazu, dass Deutschland und die deutsche Kultur religiös vor allem christlich geprägt sind und auch in Zukunft geprägt sein werden."

"Es gibt diesen Gegensatz gar nicht"

Auch Seibert versuchte Friedrichs Aussagen einzuordnen: "Es wird ein Gegensatz in den Äußerungen des Bundespräsidenten und des neuen Innenministers hineingedeutet, den es so gar nicht gibt". Die Muslime und der Islam seien ein Teil der Gegenwart und der Gesellschaft. Er könne nicht erkennen, dass Friedrich dieses in Abrede gestellt habe. Die Geschichte und Kultur des Landes seien aber tatsächlich vom Christentum, vom Judentum und von der Aufklärung geprägt. "Da kann man also von einer historischen Prägung Deutschlands durch den Islam nicht reden", sagte Seibert.

Zudem zeigte sich der Regierungssprecher überzeugt, dass sich der neue Innenminister dem Integrationsthema "sehr verpflichtet fühlt". Er sei sich sicher, dass Friedrich auch die Islamkonferenz "mit Kreativität und Engagement" vorantreiben werde. Forderungen des FDP-Politikers Serkan Tören, die Zuständigkeit für die Islamkonferenz vom Innen- ins Justizressort zu verlagern, erteilte Seibert somit eine Absage.

Die Deutsche Islamkonferenz soll die Integration der Muslime in Deutschland fördern. Das Gesprächsforum wurde 2006 vom damaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) ins Leben gerufen. In Deutschland leben rund vier Millionen Muslime, knapp die Hälfte besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit.

Quelle: ntv.de, dpa

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