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Weltsynode in Rom Wohin steuert die römische Kirche?

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Papst Franziskus hat zur Weltsynode geladen.

Papst Franziskus hat zur Weltsynode geladen.

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Ab morgen lädt Papst Franziskus zur Weltsynode in den Vatikan. Dem Ruf folgen 365 stimmberechtigte Mitglieder. Aus Deutschland reisen fünf Vertreter an. Konkrete Beschlüsse werden nicht erwartet. Sämtliche Konfliktthemen werden sorgsam umgangen. Die Skepsis ist groß.

Man möchte nicht in der Haut von Papst Franziskus stecken. Von konservativer Seite steht er unter dem Verdacht der Häresie, dem Abfall vom rechten katholischen Glauben, von Reformerseite wird ihm Untätigkeit vorgeworfen. Und in der Vatikan-Verwaltung gilt er als Alleinentscheider, der die Kirchenverwaltung so wenig wie möglich mitmachen lässt. Keine schönen Ausgangsbedingungen für das große Welttreffen der Katholischen Kirche. Die "Welt-Synode" beginnt am morgigen Mittwoch und geht dann bis beinahe zum Monatsende.

Den Konservativen stößt schon allein auf, dass unter den 365 stimmberechtigten Mitgliedern der Synode, Priester, Laien und auch 54 Frauen sind. Sie befürchten eine Aufweichung der traditionellen katholischen Lehre, und dass die Kirche "modischen Tendenzen" nachgeben könne. Für sie ist und bleibt Homosexualität eine schwere Sünde. Eine Ehe ist untrennbar, Priester sind ehelos und beim Wort "Gendern" geraten sie in Schnappatmung.

Dem Angriff der Konservativen versuchte der Papst mit einer Erklärung vor dem Beginn der Synode auszuweichen, um eine offene Spaltung der Kirche noch vor Beginn der Beratungen zu vermeiden. Er rief zum Dialog auf, verurteilte sowohl "Rückwärts-Denken" als auch "Progressismus". Beide Haltungen seien "Zeichen des Unglaubens". Als Zugeständnis an den Reformflügel hält das Kirchenoberhaupt immerhin "Segnungen für homosexuelle Paare" für denkbar.

Arbeitspapier umgeht alle strittigen Fragen

Für die Welt-Synode hat der Vatikan ein Arbeitspapier - "Instrumentum laboris" - veröffentlicht. Es weicht konsequent allen strittigen Problem-Themen der Kirche aus. Es enthält keine Vorschläge zu den brennendsten Fragen wie Ehelosigkeit der Priester, den Zölibat oder zur Rolle der Frau sowie zu konkreten Schritte für eine echte Kollegialität in der Kirche: Am Ende entscheidet der Papst, und zwar grundsätzlich alles und allein.

Es ist ein Arbeitspapier der wohlfeilen Worte. Der Papst sieht die Kirche als "Gemeinschaft, die ausstrahlt: Wie können wir noch stärker zu einem Zeichen und Werkzeug der Vereinigung mit Gott und der Einheit der ganzen Menschheit werden?" Man müsse sich bewusst sein der "gemeinsamen Verantwortung in der Sendung: Wie können wir Fähigkeiten und Aufgaben im Dienst des Evangeliums besser miteinander teilen?" Man soll "Lebenserfahrungen" austauschen, fordert Franziskus von den Teilnehmern, mit "Spannungen umgehen, ohne von ihnen erdrückt zu werden", in einer "synodalen Kirche".

Leerstellen auf der Tagesordnung

Doch mit einem allgemeinen Appell an Dialogbereitschaft ist es längst nicht mehr getan. Roms Kirche muss sich Problemen stellen, die längst ihre Existenz in Frage stellen. Eines der großen Probleme kam 2002 ans Licht. US-Journalisten des "Boston Globe" deckten 249 Missbrauchsfälle auf, begangen von 159 Priestern. Der Bostoner Kardinal Francis Law, dem die Vertuschung der Fälle vorgeworfen wurde, trat zurück - und fand Zuflucht in Rom. Papst Johannes Paul II. machte ihn zum Erzpriester in der Basilika Santa Maria Maggiore.

In vielen Länder nahmen die Bischöfe daraufhin Ermittlungen auf, in Deutschland waren es zuerst die Berliner Jesuiten gewesen. Es folgten die Bistümer. Ans Licht kamen Hunderte Missbrauchsfälle von Hunderten Tätern - und jahrzehntelanges Schweigen. In Italien zählte die Vereinigung der Opfer von Priestermissbrauch "Rete Abuso" 332 Opfer ab 2002, weiter zurück wollten sie in den Untersuchungen nicht gehen.

Doch das Thema Missbrauch steht nicht auf der Tagesordnung der Welt-Synode in Rom, genauso wenig wie die Zwangsmissionierung von Kindern, wie sie in Kanada mit der Entdeckung Hunderter Kinderleichen zum Skandal geworden war.

Nichts mehr übrig vom "Reformer-Papst"

Wie aber soll die Kirche eine "bessere Gemeinschaft" werden, ihre Missionsaufgabe erfüllen, wenn sie nicht ihre dunklen Seiten offenlegt? Die fünf deutschen Bischöfe in Rom werden sich da wenig Illusionen machen. Wie sich der Papst den "gemeinsamen Weg" der Kirche nicht vorstellt, hatten die 65 deutschen Bischöfe bei ihrem alle fünf Jahre pflichtgemäßen Besuch Ende 2022 im Rom bereits feststellen müssen. Franziskus hatte nicht mit ihnen diskutieren wollen, ließ die deutschen Bischöfe von seinen Kardinälen regelrecht abbügeln: Der deutsche "Synodale Weg", bei dem Laien und Bischöfe in einer Art gemeinsamem Kirchen-Parlament über die Reformen der Kirche abstimmten, passte dem argentinischen Papst überhaupt nicht. Er höre allen zu, habe er gesagt, berichteten die Teilnehmer nach dem Treffen. Am Ende aber entscheide der Papst alleine. Die Laien dürften es umsetzen.

Auch zum nächsten Reiz-Thema hat Franziskus seine Position bereits bei der Amazonas-Synode im Herbst 2019 klargemacht. Dort tauchte die Forderung nach dem Frauen-Priestertum und der Lockerung des Eheverbotes für Priester auf. Vorschläge, die ja nur den enormen Priestermangel im Amazonas lindern helfen sollten. Franziskus aber sprach von einer "ideologischen Diskussion".

Das Image des "Reformer-Papstes", das Franziskus bei seiner Wahl 2013 zugesprochen bekommen hatte, hat seinen Glanz längst verloren.

Brisante Themen nur außerhalb der Vatikan-Mauern

Gerade die Deutschen müssen dem Papst gewaltig auf den Senkel gehen. Erstmals gibt es bei dieser Welt-Synode keine deutsche Sprachgruppe. In ihr hatten sich in der Vergangenheit viele Mitteleuropäer zusammengefunden, die für Reformen eintreten. Nun ist das Standing der deutschen Kirche in Rom nicht sonderlich groß. Der Vatikan hält ihr die Massenaustritte vor.

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Die deutschen Bischöfe versuchen sich in der Quadratur des Kreises. In Rom habe man begriffen, heißt es in ihrer Stellungnahme zur anstehenden Synode, "dass die Kirche weltweit des Gesprächs darüber bedarf". Es müsste um "konkrete Themen" gehen, das "Wie" der Kirche sei wichtig, die Art und Weise der Verkündigung der frohen Botschaft, aber noch wichtiger sei es doch, das "Worüber" zu diskutieren. Sprich über die strittigen Inhalte. Sie hegen offen einen Verdacht: "Bei oberflächlicher Lektüre" des Vorbereitungs-Dokumentes könne "der Eindruck entstehen, Synodalität würde hier vor allem als eine Art gepflegter Umgangs- und Gesprächsstil in der Kirche aufgefasst". Damit ist sicher, dass die brisanten Themen bei der Synode außerhalb der vatikanischen Mauern angesprochen werden.

Am Ende bleibt eine entscheidende Frage weiter offen: Wird Franziskus gegen Ende seines Pontifikats doch noch den Mut zu einer großen Reform der römischen Kirche aufbringen, wenigstens jetzt, da der deutsche Parallel-Papst ihm nicht mehr im Nacken sitzt, ihm noch in die Parade fahren kann?

Quelle: ntv.de

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