Gute Chancen für Schwarz-Gelb Wulff auf der Zielgeraden
15.01.2008, 11:32 UhrGlaubt man den jüngsten Meinungsumfragen, könnte sich Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) schon jetzt entspannt zurücklehnen. Kurz vor der Landtagswahl am 27. Januar deutet nichts auf einen Regierungswechsel, aber vieles auf eine Fortsetzung der schwarz-gelben Koalition in Niedersachsen hin. Nahezu chancenlos liegt Wulffs Herausforderer, SPD-Spitzenkandidat Wolfgang Jüttner, zurück. Ein bundespolitischer Stimmungsumschwung, wie er die Vorherrschaft der SPD nach neun Jahren Alleinregierung bei der vorigen Landtagswahl im Frühjahr 2003 abrupt beendet hatte, ist diesmal nicht in Sicht. Und so spricht alles dafür, dass der bisherige Regierungschef an der Leine auch der künftige sein wird.
Fast 57 Prozent der wahlberechtigten Niedersachsen würden bei einer Direktwahl für Wulff, nur 19 Prozent für Jüttner votieren, hat das ZDF-"Politbarometer" unlängst ermittelt. Fast die Hälfte der Befragten gab an, den 59 Jahre alten, früheren niedersächsischen Umweltminister nicht einmal zu kennen. Denn der große Auftritt in der Öffentlichkeit ist Jüttners Sache nicht. "Ich bin kein eitler Pfau, der durch die Gegend springt", pflegt er seine Zurückhaltung zu beschreiben. Dass es dem Soziologen aus Hannover gelingen könnte, den medienwirksamen und überaus populären Amtsinhaber Wulff noch auf der Zielgeraden auszubremsen, bezweifelt - mitunter öffentlich, meist jedoch hinter vorgehaltener Hand - auch so mancher Parteifreund.
Trotz kleinerer Scharmützel in Fragen der Inneren Sicherheit und der Justizpolitik arbeiteten CDU und FDP weitgehend geräuschlos zusammen. Sie stellten dabei ein großes gemeinsames Ziel in den Vordergrund: den radikalen Abbau der Neuverschuldung im flächenmäßig zweitgrößten Bundesland, das noch immer mit 48 Milliarden Euro in der Kreide steht. Zwar hatten Studenten, Gewerkschafter, Umwelt- oder Sozialverbände immer wieder gegen die drastischen Kürzungen in fast allen Bereichen demonstriert. Doch wirklich geschadet hat die eiserne Sparpolitik der schwarz-gelben Koalition offensichtlich nicht.
Dass SPD und Grüne vor allem mit dem Thema soziale Gerechtigkeit zu punkten versuchen, versteht sich da von selbst. "Es ist ein unspezifisch gemischter Gestank aus Eigenlob und Ungerechtigkeit, der sich unter dieser Regierung im Land breit macht", lautet die nüchterne Analyse der grünen Spitzenkandidatin Ursula Helmhold. Kostenlose Schulbücher, gebührenfreies Studium, ein Sofortprogramm für mehr Ausbildungsplätze, finanzielle Unterstützung für bedürftige Schüler sowie der Kampf für einen gesetzlichen Mindestlohn gehören zu den Kernpunkten eines Wahlprogramms, mit dem sich die SPD im Wahlkampf als Hüterin des Sozialstaats zu profilieren versucht.
Doch ausgerechnet hier droht unliebsame Konkurrenz: Mit 8,4 Prozent war die Linke im Frühjahr 2007 in die Bremer Bürgerschaft und damit zum ersten Mal in ein westdeutsches Landesparlament eingezogen. Sie hofft nun auf einen vergleichbaren Erfolg im Nachbarland. "Schwarz-gelb wird nur gestoppt, wenn wir über fünf Prozent kommen", sagt Linken-Landeschef Dieter Dehm. Doch auch er weiß, dass es seine Partei, der Meinungsforscher in Niedersachsen vier Prozent prophezeien, in einem Flächenland ungleich schwerer haben dürfte, potenzielle Wähler an die Urnen zu locken als im traditionell eher linksorientierten Stadtstaat Bremen.
Während die SPD-Spitze Spekulationen über eine rot-rot-grüne Koalition an der Leine weit von sich weist, schließen Teile der Grünen eine Zusammenarbeit mit der Linken nicht grundsätzlich aus. "Unser erstes Ziel ist es, Schwarz-Gelb abzulösen", sagt Spitzenfrau Helmhold. "Und wir wollen drittstärkste Kraft werden."
Quelle: ntv.de, Michael Kirner, dpa