"Nord-Süd-Dialog" Wulff buhlte selbst um Sponsoren
23.01.2012, 12:48 Uhr
Christian Wulff hat als Ministerpräsident Sponsoren für den umstrittenen "Nord-Süd-Dialog" selbst angesprochen - zumindest einen, den Versicherer Talanx. Die SPD ist entzürnt und will klagen, Grünen-Fraktionssprecher Stefan Wenzel erneuert seine massiven Vorwürfe, will Wulff aber nicht mehr "Lügner" nennen.
Christian Wulff hat sich als Ministerpräsident persönlich um Sponsoren für die umstrittene Veranstaltung "Nord-Süd-Dialog" bemüht. Das bestätigte Talanx-Sprecherin Julia Thiem gegenüber n-tv.de. Der heutige Bundespräsident habe selbst den Vorstandschef des Hannoveraner Versicherungskonzerns, Herbert Haas, auf die von Event-Manager Manfred Schmidt privatwirtschaftlich organisierte Veranstaltung angesprochen, so Thiem.
Der "Stern" hatte bereits Anfang Januar berichtet, Wulff habe seinerzeit Kontakt zu Haas aufgenommen, Wulffs damaliger Regierungssprecher Olaf Glaeseker dann "weitere Informationen" zu der Veranstaltung übermittelt. Der Konzern habe schließlich im Dezember 2009 insgesamt 10.000 Euro für die Veranstaltung beigesteuert.
SPD will klagen
Die niedersächsische SPD wirft Bundespräsident Wulff nun vor, gelogen zu haben. Auch andere größere Unternehmen hätten bestätigt, dass Wulff selbst für den "Nord-Süd-Dialog" Sponsoren gesucht habe, sagte der niedersächsische SPD-Fraktionschef Stefan Schostok. So sei beispielsweise auch der Reisekonzern TUI von Wulff persönlich kontaktiert worden, sagte Schostok im Deutschlandfunk.
Laut "Stern" wurde TUI von der niedersächsischen Staatskanzlei auf die Eventreihe hingewiesen. Zuvor habe bereits Glaeseker den Reisekonzern auf die Veranstaltung und die Möglichkeit eines Sponsorings aufmerksam gemacht. Der "Spiegel" berichtet, Glaeseker habe auch Geld beim Ölkonzern Exxon eingeworben.
Glaeseker blieb Wulffs Sprecher, als dieser Bundespräsident wurde. Kurz vor Weihnachten entließ Wulff seinen langjährigen Mitarbeiter ohne Angabe von Gründen. Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft Hannover gegen Glaeseker und Schmidt wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und Bestechung.
Die niedersächsische SPD bereite derzeit eine Klage gegen Wulff vor dem Landesverfassungsgericht wegen Täuschung des Parlamentes vor, sagte Schostock. Sie werde wohl innerhalb der nächsten zwei Wochen eingereicht. Erfahrungsgemäß werde es etwa bis zu drei Monaten dauern, bis der Staatsgerichtshof zu einem Ergebnis gekommen sei.
Wenzel wiederholt "Lügner" nicht
Wulffs Staatskanzleichef Lothar Hagebölling, heute Chef des Bundespräsidialamtes, hatte dem Landtag im April 2010 mitgeteilt, es habe "keine Beteiligung oder Finanzierung durch das Land Niedersachsen" gegeben. Schostok nennt dies "Täuschung", der niedersächsische Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel nannte Wulff am Wochenende einen "Lügner".
Noch einmal würde er das nicht tun, trotzdem bleibe er bei seiner grundsätzlichen Kritik am Staatsoberhaupt, sagte Wenzel nun. Er suche "keine persönliche Auseinandersetzung" mit dem Bundespräsidenten, sondern Aufklärung über die Vorgänge während Wulffs Amtszeit als niedersächsischer Ministerpräsident.
Im Ton hat sich Wenzel vielleicht gemäßigt, von Zurückhaltung kann jedoch keine Rede sein. In der hannoverschen "Neuen Presse" vermutet Wenzel, Glaeseker solle zum "Bauernopfer" gemacht werden. "Zwischen Wulff und Glaeseker passte ja kein Blatt", sagte er bereits am Donnerstag in einem Interview mit n-tv.de.
Und der Bundespräsident? Er denke nicht über einen Rücktritt nach, bekräftigte Wulff am Wochenende. Zugleich räumte er ein, dass der Vorwurf der niedersächsischen Opposition "ernst" sei: Wörtlich sagte Wulff: "Wir haben im Landtag gesagt, in diese Veranstaltung ist kein Steuergeld geflossen. Und das nach bestem Wissen und Gewissen. Sollte jetzt doch Steuergeld hineingeflossen sein, hätten wir dem Parlament gegenüber nicht die Wahrheit gesagt. Das ist ein ernster Vorgang, der zurecht jetzt vermutlich vom Staatsgerichtshof geklärt werden wird."
Quelle: ntv.de, hvo/dpa/rts/AFP