Politik

320 Tote bei Massaker in Syrien Zahl entdeckter Leichen steigt

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Das Bild soll einen Panzer der Regierungstruppen in Aleppo zeigen.

(Foto: dpa)

Von einer "Gräueltat neuen Ausmaßes" spricht Großbritannien angesichts von mehr als 300 entdeckten Leichen in der syrischen Stadt Daraja. Oppositionelle sprechen von einem Massaker und Hinrichtungen, nachdem die Vorstadt von Damaskus von Assad-Truppen erobert wurde. Nachprüfen lassen sich die Angaben nicht.

Die syrische Opposition wirft den Truppen von Staatschef Baschar al-Assad erneut ein schweres Massaker vor. In Daraja, einem vor allem von Sunniten bewohnten Vorort der Hauptstadt Damaskus, seien am Wochenende mindestens 320 Leichen gefunden worden, teilte die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Laut den syrischen Rebellen wurden viele Opfer bei Massenhinrichtungen getötet und die Leichen dann verbrannt.

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Bei der Eroberung der Stadt Daraja sollen Assads Truppen ein Massaker verübt haben.

(Foto: dpa)

In einem von der Opposition verbreiteten Video waren zahlreiche verkohlte Leichen zu sehen, die in einer Moschee entlang der Wände übereinander gelegt waren. Eine Stimme beschreibt die Bilder als Ergebnis eines "abscheulichen Massakers", das von Assads Truppen begangen worden sei.

Die Armee habe Daraja zunächst abgeriegelt und dann mit schweren Waffen und Kampfflugzeugen unter Beschuss genommen, sagte ein Oppositionssprecher. Später seien die "Mörderbanden" der regierungstreuen Schabiha-Miliz in die Stadt eingedrungen und hätten Massenhinrichtungen verübt. Die Leichen seien zerstückelt und in Brand gesetzt worden. Die syrischen Staatsmedien berichteten, die "heldenhaften Streitkräfte" hätten Daraja "von Terroristen gesäubert". Diese hätten "Verbrechen gegen die Söhne der Stadt begangen und ihnen Furcht eingejagt" sowie Sabotage begangen und öffentliches und privates Eigentum zerstört.

"Gräueltat neuen Ausmaßes"

Großbritannien äußerte sich besorgt über die Lage. Sollten sich die Angaben der syrischen Opposition bewahrheiten, wäre das Vorgehen der Regierungstruppen in Daraja eine "Gräueltat neuen Ausmaßes", die von der internationalen Gemeinschaft verurteilt werden müsse, erklärte Außenstaatssekretär Alistair Burt. Der britische Staatssekretär machte zugleich darauf aufmerksam, dass die Angaben der Opposition schwer zu überprüfen seien.

Die Beobachtungsstelle für Menschenrechte erklärte, die meisten Opfer seien vermutlich in den vergangenen Tagen bei einer Offensive der syrischen Armee getötet worden. Demnach hatten die Regierungstruppen zu Wochenbeginn einen Großeinsatz gegen Daraja gestartet, um die gegen Assad kämpfenden Aufständischen aus der Stadt mit rund 200.000 Einwohnern zu vertreiben. Die Beobachtungsstelle stützt sich bei der Bekanntgabe ihrer Opferzahlen auf die Aussagen von Aufständischen und Augenzeugen. Ihre Angaben sind von unabhängiger Seite nicht zu überprüfen.

Auch in anderen sunnitischen Vororten von Damaskus wurde am Wochenende gekämpft. Die oppositionellen Örtlichen Koordinations-Komitees erklärten, im ganzen Land seien 440 Menschen getötet worden. Die Aufständischen hatten Ende Juli Teile der Hauptstadt eingenommen, waren später jedoch vom Militär vertrieben worden. Seitdem sind die Rebellen offenbar wieder eingesickert, ohne jedoch das offene Gefecht mit der Armee zu suchen.

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Vizepräsident Al-Schara zeigt sich erstmals seit langer Zeit wieder in der Öffentlichkeit.

(Foto: dpa)

Erneut Zusammenstöße wurden zudem aus Aleppo wurden gemeldet, bei denen zahlreiche Menschen starben. Dort wurden von den Rebellen gehaltene Stadtteile unter Beschuss genommen. Das staatliche Fernsehen berichtete von Gefechten zwischen der Armee und "Terroristen".

Die Suezkanal-Behörde lehnte unterdessen eine Forderung der USA ab, ein iranisches Schiff auf dem Weg nach Syrien zu stoppen. Das berichteten ägyptische Medien unter Berufung auf Vizeadmiral Mohab Mamisch, der von Präsident Mohammed Mursi erst vor wenigen Tagen zum Präsidenten der Kanalbehörde ernannt worden war. Es wird vermutet, dass sich an Bord des iranischen Schiffes Waffen für die Truppen Assads befanden.

Vizepräsident zeigt sich in Öffentlichkeit

Nach hartnäckigen Gerüchten über einen Fluchtversuch ist derweil der syrische Vizepräsident Faruk al-Schara erstmals seit mehr als einem Monat wieder öffentlich aufgetreten. Er zeigte sich kurz vor einem geplanten Treffen mit dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im iranischen Parlament, Alaeddin Borudscherdi, in Damaskus. Seit Mitte Juli war al-Schara weder im Fernsehen noch bei öffentlichen Auftritten gesehen worden.

Die syrischen Rebellen hatten Mitte August über einen gescheiterten Fluchtversuch des Vizepräsidenten berichtet, was die Regierung um Präsident Baschar al-Assad jedoch zurückwies. Arabische Fernsehsender hatten zuvor bereits über eine Flucht al-Scharas nach Jordanien berichtet. Dies wurde jedoch von der dortigen Regierung dementiert.

Die syrische Führung um Assad lässt seit Mitte März 2011 eine Revolte blutig niederschlagen. Seither wurden nach Angaben der Beobachtungsstelle rund 25.000 Menschen getötet. Mit mehr als 4000 Toten ist der August schon jetzt der blutigste Monat seit dem Beginn des Aufstands. In den vergangenen Wochen hatte es vermehrt Berichte über mutmaßliche Massenhinrichtungen in Syrien gegeben.

Quelle: ntv.de, AFP/rts

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