Patt-Situation in Libyen Zehntausende Menschen fliehen
08.05.2011, 10:05 UhrDie Kämpfe zwischen den Aufständischen und Truppen des libyschen Machthabers Gaddafis halten an. Die Armee setzt dabei auf den Beschuss mit Raketen. Das treibt Zehntausende Menschen in die Flucht. Die Rebellen beobachten zudem eine Taktikänderung bei Gaddafi: Sie vermuten, er wolle vom Süden her angreifen.

Ein Aufständischer beobachtet bei Wasin die Bombardierung durch die Gaddafi-Truppen.
(Foto: REUTERS)
Die libyschen Aufständischen haben sich in der Region um die Stadt Sintan heftige Kämpfe mit den Truppen von Machthaber Muammar al-Gaddafi geliefert. Angesichts des Beschusses mit Grad-Raketen seien rund 20.000 Menschen über die nahe tunesische Grenze geflohen, sagte ein Rebellensprecher. In der Stadt Misrata beschossen die Regierungstruppen im Hafen Treibstoffdepots, um die Energieversorgung der Aufständischen zu kappen.
Gaddafis Truppen haben nach Rebellenangaben zudem die entlegene Öl-Stadt Dschalu im Osten des Landes angegriffen. Der Ort werde jedoch weiter von Aufständischen kontrolliert, sagte ein Sprecher. Es sei nicht der erste Angriff dieser Art. Im libyschen Bürgerkrieg herrscht an der Hauptfront entlang der Küste eine Patt-Situation. Die Rebellen vermuten, dass Gaddafis Streitkräfte daher versuchen, von Süden aus durch die Wüste anzugreifen. Dschalu liegt in der Nähe von wichtigen Ölfeldern, die von den Aufständischen gehalten werden.
Bei den schweren Kämpfen nahe der Städte Sintan und Wasin in den Bergen südwestlich von Tripolis wurden mindestens neun Aufständische getötet und rund fünfzig weitere verletzt, hieß es. Ein Rebellensprecher sagte, die Städte seien "wahllos" mit Grad-Raketen beschossen worden, so dass nicht nur die Bevölkerung, sondern auch die Rebellen zur Flucht aus Wasin gezwungen waren. Die Truppen Gaddafis waren bis auf 15 Kilometer auf Sintan vorgerückt, doch gelang es hunderten Rebellen, sie in die Region von Al Alawinia zurückzudrängen.
"Dies waren die einzigen Benzinvorräte"
In der seit acht Wochen belagerten Küstenstadt Misrata beschossen die Gaddafi-Truppen unterdessen mehrere Treibstofflager im Hafen. Da sie bei ihren Raketen-Angriffen auf den Hafen auf starken Widerstand der Rebellen gestoßen seien, hätten die Truppen Gaddafis nun ihre Taktik geändert, sagte der militärische Sprecher des oppositionellen Nationalen Übergangsrats, Ahmed Omar Bani. Sie feuerten die Raketen nun auf die Treibstofflager im Hafen ab.
"Vier Tanks wurden dabei ganz zerstört und ein riesiges Feuer ist ausgebrochen, das sich auf weitere vier Tanks ausgebreitet hat", sagte Rebellensprecher Ahmed Hassan. "Jetzt hat die Stadt ein großes Problem: Dies waren die einzigen Benzinvorräte." In den Tanks hätten Vorräte für den heimischen Gebrauch wie auch für den Export für drei Monate gelagert. Bereits vor einem Monat sei ein Spähtrupp Gaddafis mit einem Helikopter über Misrata geflogen.
Rom dementiert Waffenabkommen
Italien hat unterdessen Äußerungen von Rebellen dementiert, wonach das EU-Land mit den Aufständischen ein Waffenabkommen geschlossen haben soll. "Es gibt keine Vereinbarung zur Waffenlieferung", sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Rom. Italien würde den Rebellen lediglich "Ausrüstung zur Selbstverteidigung" zur Verfügung stellen.
Das Land halte sich an die Verabredungen, die mit der Libyen-Kontaktgruppe getroffen worden seien. Dazu gehören neben NATO-Staaten auch Vertreter der Arabischen Liga und der Afrikanischen Union. In Libyen hatte kurz zuvor die Führung der Aufständischen bei einer Pressekonferenz in Bengasi verkündet, bald Waffen von Italien zu bekommen. Diese Aussage wurde inzwischen wieder zurückgenommen.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa/rts