"Kann meine Mitarbeiter nicht klonen" Ziercke verteidigt langsame Ermittler
25.02.2014, 11:33 Uhr
(Foto: dpa)
Schon über zwei Jahre lang ist das BKA im Besitz von Material, das Sebastian Edathy belastet. Mehrere Politiker werfen der Behörde vor, Informationen vorsätzlich zurückgehalten zu haben. "Absurd", sagt BKA-Chef Ziercke - und erklärt, warum alles so lange gedauert hat.
Der Chef des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, hat die lange Dauer der Ermittlungen gegen den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy gerechtfertigt. Sie hänge mit der generellen Belastung durch Kinderpornografie-Fälle zusammen, sagte Ziercke in der ARD: "Es geht um Tausende von Fällen. Ich kann meine Mitarbeiter nicht klonen. Wir haben viele Spezialisten. Aber gegen die Massen, die aus dem Internet auf uns zukommen, ist man letztlich machtlos."
Im November 2011, als die Festplatte aus Kanada kam, die schließlich auf Edathy hinwies, "hatten wir ein anderes Verfahren harter Kinderpornografie mit 1100 Beschuldigten zu ermitteln", erklärte Ziercke. "Dann gab es ein weiteres Verfahren mit 800 Beschuldigten, mit 500 Stunden Videoaufnahmen und 70.000 Fotos." Man müsse dann eine Entscheidung treffen: "Bearbeitet man das eine oder das andere?" Das BKA habe zunächst in Abstimmung mit der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen, das laufende Verfahren weiter zu verfolgen.
Edathys Name war am 15. Oktober 2013 der Polizei im niedersächsischen Nienburg in dem Beweismaterial aus Kanada aufgefallen - dabei ging es um ein Portal, bei dem auch kinderpornografische Filme und Bilder bestellt werden konnten. Das BKA hatte das Material zu etwa 800 deutschen Kunden schon knapp zwei Jahre zuvor erhalten. Erst durch den Rückruf eines Beamten aus Nienburg wurde deutlich, dass der Name Edathy auf der Liste jener Bundestagsabgeordneten war, der bis kurz zuvor den Untersuchungsausschuss zu den NSU-Morden geleitet hatte.
BKA kritisiert Äußerungen aus der Politik
Vorwürfe, man habe Informationen zu Edathy gezielt zurückgehalten, nannte Zierke unterdessen "absurd". "Das hat mit seriöser Berichterstattung und verantwortungsvoller politischer Oppositionsarbeit nichts zu tun", kritisierte der BKA-Präsident. Es sei "ungeheuerlich", den Beamten des Amtes "mit diesen Spekulationen strafbare Handlungen zu unterstellen und sie öffentlich zu beleidigen".
Zierckes Zorn richtete sich gegen einen Bericht in der "Bild"-Zeitung und darin enthaltene Äußerungen mehrerer Politiker. Angedeutet wurde von dem Blatt, dass das BKA möglicherweise "Informationen zurückhielt, um Material gegen Edathy in der Hand zu haben", falls der Vorsitzende im NSU-Ausschuss das Bundeskriminalamt belasten sollte. FDP-Vize Wolfgang Kubicki wurde mit den Worten zitiert: "Entweder da waren Trottel am Werk oder man wollte einen Skandal vermeiden."
Der frühere SPD-Innenpolitiker Edathy sieht einen Geheimnisverrat bei den Kinderpornografie-Ermittlungen gegen sich und fordert eine Ablösung der bisherigen Ermittler. Die SPD-Spitze leitete unterdessen ein Parteiordnungsverfahren gegen den früheren Bundestagsabgeordneten ein. Vor einer Woche hatte der SPD-Vorstand als ersten Schritt das Ruhen der Mitgliedsrechte beschlossen.
Quelle: ntv.de, fma/dpa/AFP