Fahndungserfolg in Potsdam Zwei Festnahmen
20.04.2006, 07:41 UhrVier Tage nach dem Überfall an einem Deutsch-Äthiopier in Potsdam sind am Donnerstag zwei Verdächtige festgenommen worden. Das teilte die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mit. Bei den Festgenommenen handelt es sich um deutsche Staatsangehörige im Alter von 29 und 30 Jahren aus Potsdam und Umgebung. Sie wurden am Abend von der Polizei vernommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte eine rasche Aufklärung der Tat, die als versuchter Mord gewertet wird.
Die Sprecherin der Bundesanwaltschaft sagte, der erste Tatverdächtige sei zwischen 17.00 und 18.00 festgenommen worden, sein mutmaßlicher Komplize gegen 19.30 Uhr. Sie nannte keine Einzelheiten, welche Hinweise die Fahnder auf die Spur der Männer gebracht hatten. Nach der Vernehmung der Männer werde entschieden, ob sie zum Erlass eines Haftbefehls dem Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof vorgeführt würden. Es lägen erhebliche Verdachtsmomente dafür vor, "dass die Täter die Tat aus Ausländerhass und auf der Grundlage einer rechtsextremistischen Gesinnung begangen haben", hieß es in einer Mitteilung der Behörde. Generalbundesanwalt Kay Nehm hatte das Verfahren wegen versuchten Mordes am Dienstag übernommen. Zur Begründung sagte ein Sprecher, es gehe um den Verdacht einer Beeinträchtigung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik.
Nur kurz zuvor hatte Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm bei n-tv von einer ersten heißen Spur berichtet, die möglicherweise rasch zur Festnahme der Täter führen werde. In der Sendung Busch@n-tv sagte der CDU-Politiker: "Seit wenigen Stunden sieht es so aus, dass wir zum ersten Mal sagen können: Wir haben eine Spur, die möglicherweise Erfolg versprechend ist. Man kann sagen: Wir werden den Fall aufklären, wir werden demnächst wissen, wer die Täter sind. Diese Hoffnung von mir hat in den letzten Stunden zugenommen."
Die Belohnung für Hinweise auf die Täter von Potsdam war am Mittwochabend auf 15.000 Euro erhöht worden. Sie hatten den 37-jährigen Ermyas M. in der Nacht zum Ostermontag in der Nähe einer Straßenbahnhaltestelle angegriffen, als "Nigger" beschimpft und fast totgeschlagen. Der zweifache Familienvater schwebt nach Angaben der Behörden und seiner Ärzte noch immer in akuter Lebensgefahr.
Bundeskanzlerin Merkel sagte in Berlin, sie würde sich sehr freuen, wenn die Schuldigen schnell zur Rechenschaft gezogen würden. Damit solle deutlich werden, dass Fremdenfeindlichkeit und rechtsradikale Gewalt in Deutschland absolut verurteilt würden.
Afrikaner meiden Potsdam
Aus Angst vor rassistischen Übergriffen hat eine nigerianische Regierungsdelegation ihre Buchung in einem Potsdamer Hotel storniert. "Sie haben uns am Mittwoch angerufen und gesagt, dass sie nicht hier übernachten wollen, weil sie Angst vor rassistischen Übergriffen haben", sagte die Direktorin des Vier-Sterne-Hotels, Beate Fernengel, auf Anfrage.
Unter den 15 Teilnehmern der Delegation sei auch der Verkehrsminister Nigerias. Die Gruppe, die derzeit an einer einwöchigen Tagung der Industrie- und Handelskammer in Potsdam teilnehme, sei nun in einem Berliner Hotel untergebracht.
Von dem Überfall auf den Deutsch-Afrikaner in Potsdam hätten afrikanischen Gäste in einer nigerianischen Zeitung gelesen. "Da haben sie uns sofort gesagt: Wir bleiben in Berlin", sagte Fernengel weiter. Der Hoteldirektorin zufolge ist dies der erste Fall einer solchen Stornierung in ihrem Haus. "Ich hoffe, es bleibt ein Einzelfall", fügte sie hinzu.
Quelle: ntv.de