Politik

Norwegen gedenkt der Breivik-Anschläge Zwei Jahre sind zu wenig

Auf Utøya gedachten zum zweiten Jahrestag rund 600 Menschen des Anschlags.

Auf Utøya gedachten zum zweiten Jahrestag rund 600 Menschen des Anschlags.

(Foto: AP)

Zum Jahrestag der Morde auf der norwegischen Insel Utøya kommen Überlebende und Angehörige an den traurigen Ort. Die Insel soll würdevoll wiederbelebt werden, doch den Betroffenen gehen die Arbeiten viel zu schnell. Sie fühlen sich verletzt.

Auf der idyllischen Insel Utøya riecht es wenig nach frischer Farbe. Einige Fassaden sind neu gestrichen. Der Rasen ist gemäht, die Blumenbeete sind gepflegt. Sogar ein neuer Zaun wurde aufgestellt, damit niemand vom steilen Pfad abrutscht und ins Wasser fällt. Ein Team von 40 Freiwilligen hat in den vergangenen Wochen die Gebäude und Anlagen der Insel soweit wieder hergerichtet, dass die Besucher der Gedenkfeier am zweiten Jahrestag der Anschläge vom 22. Juli mit einem guten Gefühl wieder nach Hause gehen.

Zum Jahrestag war die Insel für drei Tage für Besucher zugänglich. Rund 600 sind gekommen. Überlebende und Angehörige mischten sich mit Touristen aus Spanien und Belgien. "Es war eine gute Stimmung", berichtet der Leiter der nationalen Opfer-Unterstützergruppe, Trond Henry Blattmann. Es wurden Kaffee und Wasser ausgeschenkt und Waffeln gebacken. Die Besucher hätten sich wohl und sicher gefühlt, und das sei sehr wichtig. Auch ihm helfe es, Utøya zu besuchen. Sein Sohn war von Anders Behring Breivik erschossen worden. "Beim ersten Mal war es noch sehr hart", erinnert sich der Politiker. "Aber es wird von Mal zu Mal leichter."

Utøya soll lebendig bleiben

Die Insel Utøya ist der traditionelle Treffpunkt für die Jugendorganisation der norwegischen Arbeiterpartei.

Die Insel Utøya ist der traditionelle Treffpunkt für die Jugendorganisation der norwegischen Arbeiterpartei.

(Foto: dpa)

So erlebt es auch Eskil Pedersen von der Jugendorganisation der Arbeiterpartei (AUF). Bei der Gedenkveranstaltung auf der Landseite vor Utøya sagte er, man müsse respektieren, dass sich die Menschen in ihrer Trauer unterschiedlich schnell bewegten. Man müsse kein schlechtes Gewissen haben, wenn man sich ein neues Leben wünsche.

Für viele Angehörige der 69 überwiegend jungen Menschen, die auf der idyllischen Insel im Tyrifjord brutal ermordet wurden, ist es wichtig, dass der Ort des Schreckens unberührt bleibt. Doch eine reine Gedenkstätte will die AUF aus Utøya nicht machen. Das jährliche Sommerlager ist eine Tradition, die man nicht aufgeben will. Doch wie kann man die Gebäude wieder herrichten, ohne die Gefühle der Angehörigen der Opfer zu verletzten?

Café soll abgerissen werden

"Wir holen uns die Insel zurück", sagte eine Freiwillige. Ihr Sohn hat das Massaker von Utøya nur knapp überlebt. Für sie ist der Freiwilligendienst auf der Insel auch ein Mittel, um ihre Gedanken zu sortieren.

Eine Arbeitsgruppe mit dem Namen "Neues Utøya" präsentierte bereits im September vergangenen Jahres Pläne zur Wiederbelebung der Insel. Das Cafégebäude und das Pumpenhaus sollen so schnell wie möglich abgerissen werden. Hier starben insgesamt 27 Menschen im Kugelhagel des Attentäters Breivik. Außerdem soll ein neues Gebäude mit Glockenturm und diversen anderen Einrichtungen errichtet werden. Geplante Kosten: 60 Millionen Kronen (rund 7,7 Millionen Euro).

Die Angehörigen regierten empört. Der Utøya-Überlebende Bjørn Ihler schrieb in einem Gastkommentar in der Tageszeitung "Aftenposten": "Das ist wie auf dem Grab von Toten zu trampeln." Viele Angehörige und Überlebende bräuchten mehr Zeit, sagte Trond Henry Blattmann. Für seine Organisation sei es wichtig, dass Utøya unberührt bleibe, damit mehr Menschen die Gelegenheit bekommen, die Insel zu besuchen. Viele seien an diesem zweiten Jahrestag zum ersten Mal nach Utøya gekommen. Die Kritik richte sich aber nicht gegen die generellen Pläne, Utøya wieder aufzubauen. Es gehe nur um den Zeitplan.

AUF hat inzwischen seine Aufbaupläne auf Eis gelegt. Frühestens in einem Jahr soll auf der Insel etwas geschehen. Vor 2015 soll hier kein Sommerlager stattfinden.

Quelle: ntv.de, Sigrid Harms, dpa

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