Politik

Klamme Ratspräsidentschaft Zypern hat viel vor

Inmitten der europäischen Schuldenkrise übernimmt Zypern die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union. Für den Inselstaat ist das ein Riesenprojekt in schwieriger Zeit – denn das Land ist auf finanzielle Hilfe der Euro-Partner angewiesen. Außerdem gibt es Ärger mit der Türkei.

Zyperns kommunistischer Präsident Dimitris Christofias.

Zyperns kommunistischer Präsident Dimitris Christofias.

(Foto: REUTERS)

Die Republik Zypern hat am Sonntag für sechs Monate die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Erst vor wenigen Tagen hatte sich die Eurozone dazu bereit erklärt, Zypern als fünftem Euroland Finanzhilfen zu gewähren. Das Land befindet sich nun in Gesellschaft der Krisenstaaten Griechenland, Spanien, Portugal und Irland - und ist das erste Land, das die EU-Ministertreffen leitet und zugleich Hilfe aus dem Euro-Rettungsfonds erhält.

Am Montag werden die ersten Experten der EU, der EZB und des Internationalen Währungsfonds nach Zypern reisen. Sie wollen feststellen, in welchem Zustand die zyprischen Finanzen sind und welche Unterstützung die Banken für ihre Rekapitalisierung brauchen. Es wird mit mehr als 10 Mrd. Euro gerechnet. Zyperns Banken sind eng mit dem Nachbarn Griechenland verflochten und haben wegen des Schuldenschnitts einen hohen Abschreibungsbedarf. Der Inselstaat mit einem Bruttonationaleinkommen von rund 17,5 Mrd. Euro ist die drittkleinste Volkswirtschaft der Eurozone.

Zypern will sich beweisen

In Brüssel wird von dem Inselstaat erwartet, dass er vor allem den Streit zwischen reicheren und ärmeren EU-Staaten um die Finanzplanung für die Jahre 2014 bis 2020 bis Dezember beilegt. Es geht um eine Billion Euro. Die Aufgabe ist schwierig. Zypern hat vor allem deshalb seine EU-Botschaft in Brüssel von 80 auf 230 Personen verstärkt: "Die Wege nach Nikosia sind lang, deswegen machen wir das meiste in Brüssel", sagt ein Diplomat. Das EU-Programm der Zyprer soll an diesem Montag in Brüssel vorgestellt werden. Der kommunistische Präsident Dimitris Christofias will das EU-Parlament am Mittwoch detailliert unterrichten.

Obwohl das kleine Zypern bei der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft vor riesigen Herausforderungen steht, hängt der Inselstaat die Messlatte hoch: "Wir wollen nicht nur beweisen, dass wir ein Großereignis ausrichten können, sondern dass Zypern die Aufgabe so gut meistern kann wie jedes andere europäische Land", sagt der Präsidentschaftssprecher Kostas Giennaris. Ob Zypern den Anspruch erfüllen kann, muss sich zeigen, denn bei vielen Fragen ist es eher Teil des Problems als der Lösung. Düster sieht es für Nikosia derzeit vor allem in finanzieller Hinsicht aus.

Die seit 38 Jahren in einen griechischen Süden und einen türkischen Norden geteilte Insel steht zudem im Mittelpunkt des Konflikts um einen EU-Beitritt der Türkei. Den im Jahr 1974 von der Türkei besetzten Norden erkennt nur Ankara an, zum Süden pflegt die Türkei keine Beziehungen. Alle Versuche zur Wiedervereinigung scheiterten bisher. Die Regierung in Ankara machte bereits klar, dass sie die zyprische Ratspräsidentschaft boykottieren will. Die Republik Zypern gehört seit 2004 der Europäischen Union an.

Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa/AFP

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