Politik

Verlobter war Mitarbeiter @dorobaer auf Tauchstation

Seit 2002 ist Dorothee Bär mit kurzer Unterbrechung Bundestagsabgeordnete, seit 2009 außerdem Vize-Generalsekretärin der CSU.

Seit 2002 ist Dorothee Bär mit kurzer Unterbrechung Bundestagsabgeordnete, seit 2009 außerdem Vize-Generalsekretärin der CSU.

(Foto: picture alliance / dpa)

Dorothee Bär ist so, wie CSU-Chef Seehofer seine Partei gern präsentiert: jung, weiblich, eloquent - das Gegenteil der alten Amigo-CSU. Jetzt kommt heraus, dass Bär ihren Mann bis kurz vor der Hochzeit beschäftigte. Ob dies verboten war, müssen Juristen klären. Geschickt reagiert hat sie nicht.

Erst kommt heraus, dass 17 CSU-Abgeordnete im bayerischen Landtag ihre Ehepartner oder Kinder als Mitarbeiter beschäftigen. Jetzt erfährt die Öffentlichkeit, dass der Gemahl der CSU-Bundestagsabgeordneten Dorothee Bär vor der Hochzeit auch ihr Mitarbeiter war.

Anders als die zentralen Figuren der Vetternwirtschaftsaffäre im bayerischen Landtag ist Dorothee Bär kein älterer Herr, dem man die CSU-Mitgliedschaft schon von weitem ansieht. Sondern eine junge Frau, die sich in Partei und Fraktion gelegentlich auch abweichende Positionen leistet, etwa beim Leistungsschutzrecht oder beim Thema Frauenquote. Und eine geistreiche Twitter-Nutzerin mit immerhin 13.000 Followern.

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(Foto: Screenshot n-tv.de)

Im Moment twittert die stellvertretende CSU-Generalsekretärin jedoch nicht. "Meine Erklärung ist jetzt auf dorothee-baer.de zu finden", drei Stunden später ein Hinweis, dass ihre Homepage "down" sei, mehr hat die 35-Jährige, die sonst gern Botschaften über den Bayern-Spieler Thomas Müller oder ihre fränkische Heimat verschickt, nicht mitzuteilen. Es sieht so aus, als sei @dorobaer offline.

"Das entsprach dem geltenden Recht"

Aus der Erklärung auf ihrer Website geht hervor, was bereits im aktuellen "Spiegel" zu lesen war: Ihr Mann Oliver Bär war über 30 Monate ihr Mitarbeiter im Bundestag, das Dienstverhältnis endete im Januar 2006, bevor am 12. Februar 2006 das eheliche Verhältnis begann. Pro Monat verdiente er durchschnittlich 1307 Euro brutto, das macht über den gesamten Zeitraum eine Summe von 39.210 Euro.

"Dies entsprach dem geltenden Recht im Jahr 2006 und entspricht bis zum heutigen Tage dem Abgeordnetengesetz", betont Bär. Schließlich sehe die Regelung vor, dass nur Ehe- und Lebenspartner von Abgeordneten nicht als Mitarbeiter beschäftigt werden dürfen; "Lebenspartner" seien aber nicht Lebensgefährten oder Freunde, sondern Partner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes, also verpartnerte Homosexuelle.

Was heißt "verheiratet oder verschwägert"?

Ganz so klar ist die Sache aber nicht. In dem von Bär angeführten Paragrafen des Abgeordnetengesetzes heißt es: "Der Ersatz von Aufwendungen für Arbeitsverträge mit Mitarbeitern, die mit dem Mitglied des Bundestages verwandt, verheiratet oder verschwägert sind oder waren, ist grundsätzlich unzulässig." Bär geht offenbar davon aus, dass ihr späterer Mann bis zum 12. Februar 2006 mit ihr nicht "verwandt oder verschwägert" war, und nach dem Buchstaben des Gesetzes ist dies auch so gewesen. Doch spätestens im Januar 2006 dürften Oliver Bär und Dorothee Mantel verlobt gewesen sein - Standesämter führen Heiratswillige auch dann als "verlobt", wenn diese noch keinen Ring getauscht haben.

Bär hat die Bundestagsverwaltung gebeten, ihre Angaben zu prüfen. Aus ihrem Büro heißt es, sie warte auf eine Erklärung der Bundestagsverwaltung. Erst dann will sie sich äußern. Aus dem Bundestag wiederum ist zu hören, diese Erklärung könne bereits heute kommen.

Die Frage ist nun, ob die Bundestagsverwaltung Verlobte als "verwandt oder verschwägert" ansieht, und es ist keineswegs ausgemacht, wie die Antwort lauten wird. Im Gegenteil: Laut "Spiegel Online" beschloss die Mitarbeiterkommission des Ältestenrates im Bundestag schon 1998, dass solche Personen als verwandt oder verschwägert anzusehen sind, die "ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen" haben - und dazu gehören laut Zivilprozessordnung auch Verlobte.

Update: Die Bundestagsverwaltung stellt gegenüber n-tv.de klar, dass sie keine Einwände gegen die Beschäftigung von Verlobten hat. Ein Arbeitsverhältnis sei "nach den geltenden Regelungen nicht ausgeschlossen".

Und die Freundin des Vaters?

Doch die Sache ist ja noch komplizierter. Laut "Spiegel" soll Bär mehrere Jahre die Lebensgefährtin ihres Vaters beschäftigt haben, angeblich gibt es sogar Hinweise darauf, dass die Frau nur Geld von Bär bekommen hat, tatsächlich aber nicht für die Abgeordnete tätig war. Auf diesen Fall geht Bär in ihrer Erklärung nicht ein, dem "Spiegel" sagte sie, die Frau sei mit "Lektoratsarbeiten und Recherchen" befasst gewesen.

Die Geschichten aus dem Büro der Abgeordneten Bär haben mithin durchaus das Potenzial, im Ablauf der öffentlichen Skandalisierung die nächste Eskalationsstufe zu erreichen. Bär selbst hat dazu beigetragen, indem sie sich auf eine rein juristische Position zurückgezogen hat. Offenbar hat sie nichts aus der Bemerkung von CSU-Chef Horst Seehofer über den bayerischen CSU-Fraktionschef Georg Schmid gelernt: "Ein Problem wird erst durch einen Sekundärfehler zum richtigen Problem." Schmid hatte seine Frau als Mitarbeiterin angestellt; formal war daran nichts auszusetzen. Bis zum Schluss zeigte Schmid sich uneinsichtig, in seiner Erklärung beharrte er ebenfalls darauf, sich "immer rechtlich und politisch korrekt" verhalten zu haben.

Enthüllungen kommen für CSU zur Unzeit

Dass Schmids Verhalten "rechtlich korrekt" war, darüber gibt es keinen Zweifel - im Unterschied zu Bär, wo sich das noch herausstellen muss. Wahrscheinlich wäre es schlauer gewesen, wenn Bär in ihre Erklärung noch zwei Sätze darüber eingebaut hätte, dass es politisch unsensibel war, ihren Freund als Mitarbeiter zu beschäftigen. Denn "politisch korrekt" ist letztlich eine Frage des Geschmacks.

Für die CSU kommen die Enthüllungen zur Unzeit. Am Freitag will die Partei den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer zu ihrem Spitzenkandidaten für die Landtagswahl in knapp fünf Monaten nominieren. Entsprechend wenig Zeit hatte Seehofer sich für eine Reaktion genommen: Schmid musste gehen, und am Wochenende zeigte sich der CSU-Chef auch noch offen für die rot-grüne Forderung, bei ganz großen Steuerbetrügern die Straffreiheit nach Selbstanzeigen abzuschaffen - zu gefährlich und auch noch zu lebendig ist das alte Image der Amigo-Partei.

Quelle: ntv.de

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