Shebab, AQIM, Boko Haram Afrikas Islamisten radikalisieren sich
06.01.2010, 08:18 UhrZwischen den islamistischen Gruppen in Afrika scheint sich allmählich ein Netzwerk zu bilden. Shebab-Milizen und radikale Nigerianer trainieren gemeinsam mit Rekruten aus Niger und Mali.

Die Sekte Boko Haram zeichnet sich für viele Anschläge in Nigeria verantwortlich (Archivbild 03.08.09).
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Die Shebab-Milizen in Somalia, El Kaida im Maghreb (AQIM) oder die nigerianische Sekte Boko Haram: Radikalislamisten aus Afrika sind seit dem vereitelten Anschlag auf ein US-Flugzeug an den Weihnachtstagen und dem versuchten Mordanschlag auf den dänischen Mohammed-Karikaturisten Kurt Westergaard verstärkt in den Blickpunkt geraten. Die Gruppen behaupten von sich, dass sie mit den Taliban oder dem Terrornetzwerk El Kaida eng verbunden sind. Was sie verbindet, ist auf jeden Fall ihre wachsende Radikalität. Ein koordiniertes gemeinsames Vorgehen gibt es noch nicht, doch immer häufiger Querverbindungen.
Die Gruppierung AQIM, die aus Algerien gesteuert wird, operiert in der gesamten Sahel-Zone. Sie geriet bislang vor allem durch Entführungen von Ausländern in die Schlagzeilen. Die aufständische Sekte Boko Haram in Nigeria kämpft für einen islamischen Gottesstaat im Norden des Landes, ihre Anhänger werden oft als Taliban bezeichnet. Sie haben jedoch wahrscheinlich keine direkten Verbindungen nach Afghanistan und Pakistan. Boko Haram heißt in etwa "Die westliche Lehre ist Sünde".
Die radikalislamische Shebab-Miliz in Somalia strebt eine besonders strenge Form der Scharia an und kontrolliert bereits große Teile im Süden des Landes am Horn von Afrika, in dem es keine funktionierende Zentralregierung gibt. Die Shebab-Miliz bekennt sich offen zu El Kaida und bekämpft die international unterstützte Übergangsregierung. Diese machte die Miliz im Dezember für einen Selbstmordanschlag auf ein Hotel in der Hauptstadt Mogadischu verantwortlich, bei dem über 20 Menschen getötet wurden. Die Miliz versucht auch, die Hilfsorganisationen aus dem Land zu vertreiben, denen sie vorwirft, unter dem Deckmantel der humanitären Hilfe für das Christentum zu missionieren.
Querverbindungen augenfällig
"Einige der Islamisten in Afrika südlich der Sahara haben sich radikalisiert", sagt der Politikwissenschaftler Fawaz A. Gerges von der London School of Economics mit Blick auf deren aufrührerische Rhetorik und die Rekrutierung für den Dschihad. Die Gruppen operierten bislang noch getrennt, doch es gebe bereits einige Überschneidungen. Nach Recherchen des mauretanischen Journalisten Isselmou Ould Moustapha für die Wochenzeitung "Tahalil Hebdo" gibt es in der Sahara AQIM-Trainingslager, in denen Entsandte der Shebab-Milizen und radikale Nigerianer gemeinsam mit Rekruten aus Niger und Mali ausgebildet werden.
Nach dem vereitelten Anschlag auf die US-Maschine nach Detroit wurden Querverbindungen zwischen den Gruppen und Ländern augenfällig. Der 23-jährige Nigerianer Umar Farouk Abdulmutallab hielt sich noch kurz vor dem Anschlagsversuch im Jemen auf und wurde dort womöglich in Trainingslagern auf seine Tat vorbereitet. Zu dem Anschlagsversuch bekannte sich die Gruppierung El Kaida auf der arabischen Halbinsel, ein weiterer Ableger des Terrornetzwerkes.
Zusammenarbeit nimmt zu
Laut Gerges gibt es außerdem "alarmierende Anzeichen für zunehmende Zusammenarbeit" zwischen den Shebab-Milizen und lokalen jemenitischen Islamisten. So erklärten die Milizen Ende der vergangenen Woche, sie wollten den Golf von Aden überqueren, nach Jemen vordringen und beim "Kampf gegen die Feinde Allahs" mithelfen. Der somalische Angreifer, der am Wochenende Westergaard attackierte, soll enge Verbindungen zur Shebab-Miliz sowie Kontakte zum Terrornetzwerk El Kaida in Ostafrika gehabt haben.
Eine wichtige Rolle spielt auch der Norden und Osten von Mali, nahe der algerischen Grenze. Die Gegend hat sich seit 2008 zur Operationsbasis von Islamisten entwickelt, die sich auf Entführungen spezialisiert haben. Seit November 2009 wurden allein in Mauretanien sechs Europäer entführt.
Quelle: ntv.de, Helen Vesperini, AFP