Dossier

Keine Ohnmacht zeigen Anti-Atom-Bewegung im Aufwind

Der Kiefernwald links und rechts des Weges ist vor lauter Traktoren kaum noch zu sehen. 350 Zugmaschinen bilden ein mehrere hundert Meter langes Spalier für die Menschenmassen, die vor das Atommüll-Zwischenlager in Gorleben strömen. Aus ganz Deutschland sind sie gekommen, um dem elften Atommüll-Transport ins niedersächsische Wendland und der Atomenergie einen bunten Protest mit Sambagruppen, Clowns und Live-Musik entgegenzusetzen - gut 15.000 Menschen.

So viele Demonstranten waren es seit Jahren nicht mehr. Angeheizt wird der Protest durch die Debatte um die Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke und die Pannen im einsturzgefährdeten Atommülllager Asse. In den vergangenen Jahren waren ohne solche Reizthemen höchstens 4000 bis 6000 Menschen zu einem Atommüll- Transport ins Wendland gekommen.

Teilnehmerzahl fast historisch

In dem Meer aus Fahnen, Plakaten und Transparenten sorgen Lautsprecherwagen und Bands für Stimmung. "Die Anti-Atom-Sonne lacht", sagt Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Initiative "X-tausendmal quer", über die beinahe historische Teilnehmerzahl bei schönstem Herbstwetter. Auch Politiker sind gekommen, darunter die Grünen-Spitze mit Claudia Roth, Renate Künast und dem designierten Grünen-Chef Cem Özdemir. Claudia Roth beteiligt sich an einer Blockade und setzt sich mit vielen anderen Demonstranten auf die Straße vor das Zwischenlager. "Die Anti-Atom-Bewegung ist wieder voll da auf der Straße", sagt der stellvertretende Grünen-Fraktionschef im Bundestag, Hans-Christian Ströbele.

"Es geht darum, das Gefühl der Ohnmacht abzulegen", erklärt Mira Bukowsky aus dem nahen Elbestädtchen Hitzacker einen Grund für ihren Protest. Die 60-Jährige hat sich viele X-Zeichen, das Widerstandssymbol im Wendland, an die Lederjacke geklebt. Sie war schon bei den Protesten gegen die Inbetriebnahme einer Wiederaufarbeitungsanlage für Brennstäbe in Wackersdorf in der Oberpfalz in den 80er Jahren dabei. "Die Kernenergie ist schon wegen der ungelösten Endlagerfrage unverantwortlich", sagt Bukowsky. "Es geht wirklich nur ums Geld."

Unterstützung aus Politik und Gewerkschaft

Die Atomkraftgegner bekommen auch Unterstützung von der Gewerkschaft. Hartmut Meine, Bezirksleiter der IG-Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, ruft den Demonstranten zu: "Die Atommüll-Deponie in Gorleben gehört stillgelegt." Die Pannen im Atommüll-Lager Asse bei Wolfenbüttel - wie Gorleben ein Salzstock - zeigten, dass es kein sicheres Endlager gebe. "Dann ist der Ausstieg aus der Atomenergie unabdingbar." Doch es gibt auch Menschen im Wendland, die der Transport der heißen Fracht eher kalt lässt: "Ich bin immer froh, wenn es wieder vorbei ist", sagt Waltraud Lück aus Dannenberg.

Dirk Averesch und Christiane Gläser, dpa

Quelle: ntv.de

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