Angst vor weggespülten Böden Bauern fürchten Wolkenbrüche
06.05.2007, 15:29 UhrIn die Sorge wegen der anhaltenden Trockenheit mischt sich bei vielen Landwirten in Niedersachsen inzwischen die Angst vor dem angekündigten Regen: Wenn das langersehnte Nass als kräftiger Wolkenbruch niedergeht, droht es Böden und Pflanzen auf den ausgetrockneten Äckern wegzuspülen. Die bislang durch die Hitzeperiode entstandenen Schäden können Bauernverband und Agrarministerium noch nicht beziffern - je nach Beschaffenheit der Böden sind die Landwirte sehr unterschiedlich betroffen. Höhere Lebensmittelpreise brauchen Endverbraucher wohl nicht zu fürchten, meinen die Experten.
"Die Schäden sind im Moment schwer abzuschätzen, zum Schwur kommt es erst bei der Ernte", sagt die Landesbauernverbands-Sprecherin Gabi von der Brelie. In Nordniedersachsen und in der Lüneburger Heide liefen die Beregnungsanlagen inzwischen den ganzen Tag. "Grünland, Kartoffeln, Getreide, Raps - alles braucht Wasser." Die Frühjahrsaussaat von Rüben und Getreide habe teils kaum Wurzeln geschlagen. "Jeder Tag Beregnung spült die Rendite weg", sagt der Sprecher des Agrarministeriums in Hannover, Gert Hahne. Landwirte aber, die sich beim Vertragsanbau etwa von Brauereigerste zur Lieferung fester Mengen verpflichtet hätten, könnten auf die Beregnung kaum verzichten.
"Das geht in Richtung Dürre", klagt Ackerbauer Rainer Fabel aus Uelzen. "Wenn es nicht Anfang der Woche regnet, können wir das nicht mehr wettmachen." Die Beregnung von Raps und Getreide, die er bereits mehrfach wiederholt habe, koste ihn 60 Euro je Hektar. "Dies ist schon sehr neu, das wir vier Wochen keinen Regen hatten, da konnten wir erst gar nicht mit umgehen." Dabei sei er noch froh, in der Vergangenheit in Bewässerungsanlagen investiert zu haben. "Wir brauchen nicht zugucken, wie alles vertrocknet." Von Problemen bei der Unkrautbekämpfung berichtet Ackerbauer Hermann Grupe aus Holzminden. Die Wirkstoffe der Bekämpfungsmittel, die sonst über das Wasser an die Wurzeln gelangten, wirkten bei der Trockenheit nicht.
Der Wassermangel sei in Südniedersachsen oft das geringere Problem, meint Zuckerrüben-Anbauer Siegfried Sander aus Einbeck. "Wenn es durch die intensive Sonneneinstrahlung aber zu heiß wird, entwickelt sich das Getreide schlecht." Auf seinen Äckern, die das Wasser sehr lange halten, gebe es mit den Rüben noch keine Probleme. Schäden seien aber auf den Grünlandflächen in den Hanglagen von Harz und Solling bereits sichtbar. Einen derart trockenen April habe er in 40 Jahren nicht erlebt.
"Die Sorge ist, dass der Regen zu einer noch größeren Katastrophe führt", meint Milchviehhalter Erich Hinrichs aus der Nähe des ostfriesischen Jever. Wenn das Wasser sich in Sturzbächen auf die staubtrockenen Äcker ergieße, könne dies großen Schaden anrichten. Für sein Vieh werde das Futter aber bislang noch nicht knapp, nur auf einigen Flächen direkt an der Küste mache sich die Trockenheit bemerkbar. Mancher Landwirt habe auch das trockene Wetter genutzt, um bereits ein erstes Mal Grassilage zu schneiden. "Es gibt Unruhe, ob das schöne Wetter bald zu Ende ist."
"Der Verbraucher wird die Trockenperiode im Portemonnaie nicht spüren", schätzt Ministeriumssprecher Hahne. An dem Preis eines Brötchens etwa habe das Getreide nur einen geringen Anteil. Mögliche Ernteeinbußen seien noch nicht messbar und hingen auch davon ab, wie der für diese Woche erwartete Regen niedergehe. "Ein warmer Landregen ist ideal, aber ein sintflutartiger Regen spült das Land weg."
Michael Evers, dpa
Quelle: ntv.de