Von Schuppen und Erbsen Bräuche zu Silvester
28.12.2005, 09:44 UhrKein Geld im neuen Jahr? Das muss nicht sein, jedenfalls wenn man einigen Silvesterbräuchen Glauben schenkt. Demnach sorgt das Verspeisen einer Linsen- oder Erbsensuppe dafür, dass niemals das Kleingeld ausgeht. Auch soll ohne Geldsorgen sein, wer sich eine Schuppe des Silvesterkarpfens ins Portmonee legt.
Die Brauchtumsexpertin Heidrun Alzheimer-Haller kann allerdings nicht sagen, ob dieser Brauch daher kommt, dass der Karpfen früher oft Mangelware auf deutschen Tischen war, oder ob die glitzernde Schuppe an Geld erinnern sollte. Sie kenne allerdings keinen, der heute mit einer Fischschuppe im Portmonee herum läuft, sagt die Würzburger Ethnologin.
Bräuche allgemein markieren für die Menschen das Auf und Ab des Lebens. Sie haben seit jeher für Abwechslung im mitunter tristen Alltag gesorgt und das Jahr nach immer wiederkehrenden Ereignissen geordnet. Silvester ist laut Alzheimer-Haller Symbol für den Jahreslauf. Silvesterbräuche seien Übergangsrituale, die Unsicherheiten und Angst vor der Zukunft nehmen sollten.
Heische- oder Bettelbräuche
Oft sind die Bräuche regional sehr unterschiedlich. So ist am Silvesterabend in Norddeutschland das so genannte Rummelpottlaufen üblich. Viele bunt bemalte und verkleidete Kinder ziehen um die Häuser und singen Rummelpottlieder, in der Hoffnung Obst, Süßigkeiten oder Geld zu ergattern. 'Rummeln' heißt auf Plattdeutsch so viel wie Lärm machen. Für Alzheimer-Haller ein klassischer Heische- oder Bettelbrauch. Früher hätten Heischebräuche viel größere Ausmaße gehabt. Schließlich seien viele arme Menschen ohne Sozialversicherungssystem auf Spenden angewiesen gewesen.
Neben dem Wunsch nach mehr Geld hoffen viele zu Silvester auch ihrem Liebesglück im neuen Jahr nachhelfen zu können. Zumindest will man darüber Aufschluss erhalten, ob der Schwarm die Liebe erwidert. Dabei haben sich zu Silvester so genannte Orakelbräuche herausgebildet. Alzheimer-Haller nennt hier das Apfelschalenwerfen. Bei diesem Liebesorakel muss man einen Apfel spiralförmig schälen und die Schale über die linke Schulter werfen. Der Buchstabe, den die Apfelschale dann auf dem Boden bildet, ist der Buchstabe des- oder derjenigen, der einen liebt.
Bekannter ist natürlich das Bleigießen. Dabei wird Blei über eine Flamme geschmolzen und in einer Schüssel mit Wasser geschüttet. Die so entstandene Bleifigur wird dann gegen Kerzenlicht gehalten. Der Schatten soll Hinweise auf die Zukunft geben. Erkennt man darin etwa ein Beil, wird es eine Enttäuschung in der Liebe geben, eine Maus verspricht eine heimliche Liebe und mahnt zur Sparsamkeit, wie die Brauchtumsexpertin erläutert.
Rote Dessous sollen die Liebe beflügeln
Um die Liebe nicht einschlafen zu lassen, tragen Frauen in Spanien und Italien zum Jahreswechsel rote Dessous. So soll Amor auf die Sprünge geholfen werden. Viel Glück verspricht ein besonderer Brauch in Spanien: "Um Mitternacht steckt sich jeder mit jedem Glockenschlag eine Weintraube in den Mund", sagt Alzheimer-Haller. Erst beim zwölften Schlag dürfen die Trauben heruntergeschluckt werden.
"Es möge gelingen"
Die verbreitete Formel, sich zum Jahreswechsel einen "guten Rutsch" zu wünschen, leitet sich ihr zufolge wohl aus dem hebräischen Wort für Jahresanfang, 'Rosh Shana' ab. Im Jiddischen wurde aus 'Rosh' ein Rutsch. "Prosit Neujahr" enthält dagegen das lateinische prosit, "es möge gelingen".
Böller und Raketen zum Jahreswechsel sind laut Alzheimer-Haller einfach ein Ausdruck der Freude. Dagegen gebe es für die im 19. Jahrhundert von Jacob Grimm verbreitete These, dass mit der Knallerei nach germanischem Vorbild Geister vertrieben werden sollten, keine Beweise.
Quelle: ntv.de