Dossier

Ehrgeiz unter Militärs "China will die stärkste Macht werden"

US-Generalstabschef George Casey (l) salutiert zusammen mit dem stellvertretenden chinesischen Stabschef Ge Zhengfeng bei einer Willkommensveier in Peking (Archivfoto vom 20.08.2009).

US-Generalstabschef George Casey (l) salutiert zusammen mit dem stellvertretenden chinesischen Stabschef Ge Zhengfeng bei einer Willkommensveier in Peking (Archivfoto vom 20.08.2009).

(Foto: picture alliance / dpa)

Während manche Militärs einen Krieg für unausweichlich halten, behalten andere einen kühlen Kopf und setzen auf Kooperation - mit Taiwan und den USA.

Die aufstrebende Weltmacht China wird nicht gerne als Bedrohung betrachtet. Mit dem vergleichsweise niedrigen Anstieg des Militärhaushalts von 7,5 Prozent auf umgerechnet 57 Milliarden Euro in diesem Jahr versucht die kommunistische Führung in Peking jetzt, die Sorgen in der Welt über Chinas wirtschaftlichen Aufstieg und seine militärische Absichten zu beschwichtigen. Der Zuwachs ist diesmal nur halb so groß wie in den Vorjahren. Auch wenn viele Militärausgaben in anderen Haushaltsposten versteckt sind, scheint es ein Signal der Mäßigung, obwohl aus Chinas Militär im Moment eigentlich ganz andere Töne schallen.

Vor der Jahrestagung des Volkskongresses sorgt vor allem Liu Mingfu, Professor an der Nationalen Verteidigungsuniversität, mit seinem Buch "China-Traum" für erheblichen Wirbel. "Es ist Chinas großes Ziel im 21. Jahrhundert, die Nummer Eins in der Welt zu werden, die stärkste Macht", stellt der Oberst selbstbewusst fest: "Es gibt keine Grenzen für Chinas Aufstieg." Er warnt, sollte es China nicht gelingen, sich zu einer Großmacht zu entwickeln, "wird es hinterherhinken und weggeschubst werden". Egal wie kapitalistisch China auch werde, die USA würden immer versuchen, das Land klein zu halten, klagt Liu Mingfu.

Wer dominiert die Welt?

Militärparaden in China können dauern.

Militärparaden in China können dauern.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Die Rivalität zwischen China und den USA sei ein Wettbewerb um die Führungsposition in der Welt - "ein Konflikt darum, wer aufsteigt und wer scheitert, die Welt zu dominieren", schreibt der Professor. Sein 303-Seiten-Buch spiegelt die wachsenden nationalistischen Strömungen im Militär, repräsentiert aber nicht unbedingt offizielle Positionen. "Wir haben nicht die Absicht, die USA herauszufordern", widersprach ihm prompt Generalmajor Luo Yan. Obwohl der Autor an der elitären Militäruniversität die nächste Generation von Offizieren ausbildet, distanziert sich der hohe Militär in der "China Daily" von dessen Thesen, die nur Liu Mingfus eigene Ambitionen darstellten.

Das Misstrauen gegenüber den USA sitzt aber tief. So beschreibt ein anderes Buch eines hohen Militärs, wie China von Ländern umlagert ist, die feindlich eingestellt oder von den USA beeinflusst werden. "Ich bin sehr pessimistisch über die Zukunft", schreibt Oberst Dai Xu. "Ich glaube, China kann dem Unheil eines Krieges nicht ausweichen, und dieses Unglück könnte in nicht allzu langer Zukunft kommen, spätestens in zehn bis 20 Jahren." Aus seiner Sicht fehlen China allerdings die industriellen und wirtschaftlichen Voraussetzungen, um eine Supermacht zu werden.

Ringen um Taiwan

Oberst Dai Xu plädiert für mehr internationale Kooperation und scheint eher einen kühlen Kopf zu wahren, doch ein Satz in seinem Buch sorgt für Irritationen: "Wenn die USA ein Feuer in unserem Vorgarten anzünden können, können wir auch ein Feuer in ihrem Vorgarten anfachen." Damit meint Dai Xu einen möglichen Konflikt um Taiwan, das die kommunistische Führung nur als abtrünnige Provinz betrachtet. Peking will die demokratische Inselrepublik notfalls militärisch zurückerobern, während sich die USA verpflichtet fühlen, Taiwan bei seiner Verteidigung zu helfen.

Im Ringen um Taiwan setzt Professor Liu Mingfu voll auf militärische Stärke. Die Volksbefreiungsarmee sollte so mächtig werden, dass sich die USA "nicht trauen und nicht in der Lage sind, in einem Militärkonflikt im Seeweg von Taiwan zu intervenieren". In Abwandlung der offiziellen Doktrin der "friedlichen Entwicklung" schreibt Liu Mingfu: "Für einen wirklich friedlichen Aufstieg müssen wir erst militärisch aufsteigen." Er plädiert für einen höheren Militäretat: "Verwandelt ein paar Geldbeutel in Munitionssäcke."

Doch ein namentlich nicht genannter Offizier und Militäranalyst kritisiert solche "großen Worte", die nur zu einem falschen Bild von China in der Welt führen könnten, wie ihn die "China Daily" zitiert. "Wir sollten mehr tun und weniger reden", lautet sein Rat - was die Sorgen über Chinas Absichten allerdings auch nicht mindern dürfte.

Quelle: ntv.de, Andreas Landwehr, dpa

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