Die CSU und der Islam Das Kreuz mit dem Halbmond
03.12.2007, 09:41 UhrNach Jahrzehnten des Misstrauens versucht die CSU eine vorsichtige Annäherung an den Islam. Ministerpräsident Günther Beckstein und andere führende Christsoziale empfehlen eine Öffnung - und stoßen damit bei manchen Parteifreunden auf Skepsis. In Deutschland leben mittlerweile drei Millionen Muslime. CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer fällt auf, dass Einwanderer aus der Türkei und dem Mittleren Osten neue Wähler für die Union sein könnten. Viele Muslime sind konservativ und würden der CSU eigentlich recht nahe stehen - wäre da nicht die Religion.
Manches CSU-Mitglied hegt grundsätzliche Zweifel, ob der Islam mit einer christlichen Partei kompatibel ist. Sodann gibt es Schwierigkeiten, gemäßigte und extreme Muslime auseinanderzuhalten. Und zu guter Letzt spielt auch die Tagespolitik eine Rolle - wie das Nein der CSU zu einem EU-Beitritt der Türkei.
Beckstein räumt ein, dass das Verhältnis schwierig ist: "Dass wir gerade in Richtung Türkei ein Spannungsfeld haben, will ich nicht bestreiten." Doch das liegt nach Becksteins Meinung eher an den Einwanderern als an der CSU: "Viele Türken haben eine starke Rückbindung an die Politik in der Türkei."
Auch Muslime können Mitglied der CSU werden
In Becksteins Heimatstadt Nürnberg haben etwa 50 bis 80 Muslime ein CSU-Parteibuch. "Es ist nicht Voraussetzung, dass jemand Christ ist, um Mitglied der CSU zu werden", sagt Beckstein. "Selbstverständlich können auch Muslime Mitglied werden." Voraussetzung sei, dass jemand das Grundsatzprogramm der CSU akzeptiere und die Werte, auf denen es basiert: "Christentum, Aufklärung und Humanismus." Bei "aufgeklärten Euro-Muslimen" sehe er keine Schwierigkeiten. "Wenn jemand ein Fanatiker ist, kann er natürlich nicht in die CSU aufgenommen werden."
Führende CSU-Politiker beschwören seit Jahren die Notwendigkeit eines Dialogs mit dem Islam. Tatsächlich geführt wird der Dialog aber nur von wenigen - wie Beckstein und Landtagspräsident Alois Glück. Einer von Becksteins ersten Terminen nach seinem Amtsantritt als Ministerpräsident führte ihn auf den deutsch-türkischen Medizinerball in Nürnberg.
Auch CSU-Generalsekretärin Haderthauer betont eher die Chancen als die Gefahren: Viele Muslime hätten sich vorbildlich integriert, sagt sie. "Ich erlebe zum Beispiel in Ingolstadt, wie Muslime sagen: 'Die Partei, die uns am nächsten steht, ist die CSU.'" Selbstverständlich sei die CSU für solche Muslime offen.
Deutlich weniger offenherzig als Beckstein und Haderthauer äußerte sich dagegen CSU-Landtagsfraktionschef Georg Schmid in einem Interview mit der "Welt": Selbst wenn es um potenzielle Wählerstimmen gehe, "dürfen wir keine Zugeständnisse machen, sondern müssen klare Kante zeigen". Alle müssten ein Interesse an einer erfolgreichen Integration haben. "Den ersten Schritt erwarte ich aber von den Menschen, die in unser Land kommen." Anlass von Schmids markigen Worten war ein Interview von Landtagspräsident Glück, der in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" gefordert hatte: "Wir müssen versuchen, uns mit konstruktiven Kräften im Islam zu verbünden, die mit uns einen gemeinsamen Weg finden wollen."
Der Bau von Moscheen wird oft zum Streitpunkt
Die von Schmid geforderte "klare Kante" zeigt die CSU meistens, wenn es um den Bau von Moscheen geht. Bisher sind muslimische Gotteshäuser meist in tristen Gewerbegebieten oder Hinterhöfen versteckt. Wo Muslime eine Moschee mit Kuppel und Minaretten bauen wollen, stoßen sie meist auf erbitterten Widerstand - das allerdings nicht nur in Bayern.
Auch die CSU-Politiker, die prinzipiell eine Öffnung für moderate Muslime befürworten, legen Wert darauf, dass islamische Gotteshäuser nicht auffallen - nach dem unausgesprochenen Motto: Islam ja, aber bitte möglichst unsichtbar. "Moscheen sollten ein Ort des Gebets sein", sagt Haderthauer. "Wenn sie daneben aber einen Machtanspruch ausdrücken sollen, halte ich das für problematisch. Wenn Moscheen höher als unsere Kirchen und Kathedralen sind, wird eine Grenze überschritten." Auch die Architektur müsse sich in das jeweilige Stadtbild integrieren.
Von Carsten Hoefer, dpa
Quelle: ntv.de