Dossier

Angst vor neuer Terrorwelle ETA-Bomben im Wahlkampf

Gegen 9.00 Uhr morgens erschütterte eine gewaltige Explosion das Büroviertel Campo de las Naciones im Nordosten Madrids. Die Fensterscheiben mehrerer Gebäude zersplitterten, in der Straße Ribera del Loira gingen Dutzende geparkte Wagen in Flammen auf. Vor Hausnummer 42, dem Sitz des Baukonzerns Ferrovial, hatten mutmaßliche Terroristen der ETA eine Autobombe gezündet. Die Wucht der Detonation ließ Wrackteile 300 Meter weit durch die Luft fliegen und riss einen drei Meter großen Krater in den Boden. "Wir waren in Panik, ich rannte um mein Leben", schilderte eine Frau die Räumungsaktion der Polizei, die noch rechtzeitig hunderte Menschen in Sicherheit bringen konnte.

Angekündigter Anschlag

Dass es in der Gegend nahe Messegelände und Flughafen nur bei schweren Sachschäden blieb, hat vor allem zwei Gründe: Die baskische Untergrundorganisation ETA warnte die Notdienste in gleich vier Telefonaten eineinhalb Stunden vor dem Anschlag, und die Polizei konnte den als Autobombe präparierten Lieferwagen schnell entdecken. Die Botschaft der Terroristen ist dennoch klar. Die ETA ist allen Sicherheitsvorkehrungen und Polizeierfolgen zum Trotz nach wie vor in der Lage, in Madrid mit Bomben Angst und Schrecken zu verbreiten. Vor zwei Wochen hatte die ETA mit Blick auf ihre Gründung vor fast 50 Jahren geprahlt: "Wir sind unbesiegbar."

Der letzte Bombenanschlag der Organisation in Madrid lag bereits über zwei Jahre zurück. Damals tötete eine Autobombe am Flughafen Barajas zwei Menschen. Und davor hatte es im März 2004 die verheerenden islamistischen Attentate mit 191 Todesopfern gegeben. Deshalb lautete eine der ersten Fragen an Innenminister Alfredo Prez Rubalcaba, ob es der ETA gelungen sei, eine Terrorzelle in der Hauptstadt einzunisten. Ausdrücklich verneinen wollte er das nicht. "Der Anschlag ist aber auch kein Indiz dafür, dass es so ist", sagte er. Bürgermeister Alberto Ruiz Gallardn rief die Hauptstädter auf, die Ruhe zu bewahren. "Der Alltag muss für uns weitergehen."

Kein zufälliger Zeitpunkt

Der Zeitpunkt des Anschlags war kein Zufall. Stunden vor der Explosion hatte der Oberste Gerichtshof Spaniens die Teilnahme der ETA-nahen Parteien D3M ("Demokratie 3 Millionen") und Askatasuna (Freiheit) an den Regionalwahlen im Baskenland am 1. März untersagt. Erstmals seit Inkrafttreten des baskischen Autonomiestatuts vor knapp 30 Jahren wird die separatistische Linke damit keine Kandidaten für den Urnengang aufstellen können. Die ETA hat sich auf ihre Weise in den Wahlkampf eingemischt; eine neue Welle des Terrors vor der Abstimmung am 1. März ist nicht auszuschließen.

Auch das Ziel des Attentats war sorgfältig ausgesucht worden. Ferrovial ist am Bau der Hochgeschwindigkeitstrasse durch das Baskenland beteiligt. Das Projekt ist der ETA nicht nur ein Dorn im Auge, weil die spanische Staatsbahn Renfe dahintersteckt, sondern auch, weil es von den regierenden baskischen Nationalisten unterstützt wird. Im Dezember hatten die Terroristen bereits den Chef eines anderen an dem Bau beteiligten Unternehmens kaltblütig erschossen.

Quelle: ntv.de, Jörg Vogelsänger, dpa

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