Dossier

Abkommen zum Vorzeigen EU umarmt Serbien

"Wenn die proeuropäischen Kräfte bei den Wahlen in Serbien die Mehrheit bekommen, dann haben wir unser Ziel erreicht", formulierte der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn schnörkellos. Zwei Wochen vor der Parlamentswahl in Serbien vom 11. Mai, bei der der pro-europäische Präsident Tadic dem nationalistischen Regierungschef Vojislav Kostunica gegenübersteht, versucht die EU wieder einmal, die Weichen in Serbien in ihrem Sinn zu stellen. "Wir sind an einem stabilen und pro-europäischen Serbien interessiert", sagt EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn. Zugleich hielten die EU-Staaten aber daran fest, dass das Abkommen mit Serbien erst dann wirklich in Kraft treten kann, wenn Belgrad endlich die vom UN-Tribunal gesuchten Kriegsverbrecher, allen voran Ex-General Ratko Mladic, verhaftet.

Im vergangenen Juni hatte die EU - als sich die Unabhängigkeit der abtrünnigen serbischen Provinz Kosovo ankündigte - die Bildung einer Koalitionsregierung in Belgrad damit belohnt, dass sie die auf Eis gelegten Verhandlungen über das wichtige Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) wieder aufnahm. Dieses bringt nicht nur Handelsvorteile und Finanzhilfen, es öffnet auch den Weg zu Beitrittsverhandlungen. Im November wurde das SAA paraphiert, aber nicht unterschrieben. Und vor der Präsidentenwahl vom Februar - nunmehr mit der Unabhängigkeit des Kosovos in Griffweite - legte die EU mit dem Vorschlag eines "Zwischenabkommens" noch einmal nach - eines der vielen Zeichen an die Serben, dass Europa sie liebhat. Allerdings blockierte anschließend Kostunica die Umsetzung des "Zwischenabkommens" und damit verbundene Reiseerleichterungen.

Geplante und unerwünschte Nebeneffekte

EU-Politiker betonen, es gehe nicht um die Unterstützung einer einzelnen Partei, sondern um die grundsätzliche Ausrichtung der serbischen Politik. Die Vorstellung, Belgrad könne sich nach der Anerkennung des Kosovos durch die Mehrheit der EU-Staaten vom Westen ab- und Russland zuwenden, gehört zu den Horrorszenarien der EU-Diplomatie. Dennoch will die EU allzu eindeutige "Signale" an die pro-europäischen Kräfte in Serbien vermeiden, weil diese auch unerwünschte Nebeneffekte haben könnten.

Der düstere Schatten der Vergangenheit aus der Zeit des zerfallenden Jugoslawiens lastet über den Beziehungen zwischen der EU und Serbien. Der mögliche Beitritt zur EU ist für die derzeit 27 EU-Staaten der entscheidende Hebel, um Serbien dazu zu bewegen, tatsächlich mit dem UN-Tribunal gemeinsame Sache zu machen. Chefankläger Serge Brammertz schenkt gegenteiligen Versicherungen der Regierung keinen Glauben. Und vor allem die Niederlande und Belgien hatten fast bis zuletzt gefordert, erst sollten die Serben Mladic oder andere mutmaßliche Kriegsverbrecher verhaften, bevor an die Unterzeichnung des SAA zu denken sei. "Serbien will der EU beitreten, nicht die EU Serbien", formulierte der niederländische Außenminister Maxime Verhagen. Nun gibt es zwar ein Abkommen zum Vorzeigen. Aber es wird erst etwas bedeuten, wenn sich Belgrad in der Kriegsverbrecherfrage wirklich bewegt.

Von Dieter Ebeling, dpa

Quelle: ntv.de

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