Dossier

Neues CDU-Grundsatzprogramm Ein Vorbote des Wahlkampfs

Noch ist das Werk nicht gebunden. Vom CDU-Grundsatzprogramm, oder genauer seinem Entwurf, existiert momentan lediglich eine etwas lieblos geheftete Fassung von 91 Seiten. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla zeigte am Dienstag das Papierkonvolut dennoch voller Stolz in die Kameras, als stünde der Wahlkampf kurz bevor. In den höchsten Tönen pries der Chefverkäufer für die Unions-Programmatik seinen Inhalt. Das Programm "steht für Optimismus", verkündete Pofalla. Es enthalte eine "neue Dimension von Freiheit und Sicherheit".

Das ist sehr hoch gegriffen. Ins Auge fällt beim ersten Lesen vor allem die Modernisierung der Familienpolitik der Christdemokraten. "Es geht (...) darum, echte Wahlfreiheit zu schaffen, damit Eltern sich entscheiden können, ob und wie sie Familie und Beruf miteinander vereinbaren", heißt es. Das ist verglichen mit dem Wahlprogramm 2005 ein völlig neuer Zungenschlag. Der neu entdeckte Klimaschutz wird mit dem Bekenntnis zum christlichen Menschenbild verknüpft. "Nach christlichem Verständnis sind Mensch, Natur und Umwelt Schöpfung Gottes. Sie zu erhalten, ist unser Auftrag." Also auch bei diesem ur-grünen Thema will sich die Union nun wie selbstverständlich an die Spitze setzen.

In der CDU-Parteizentrale wird eingeräumt, dass diese Modernisierung schon eindeutig auf den Bundestagswahlkampf 2009 abzielt. "Breiter aufstellen" als bei den vergangenen Wahlen wolle Parteichefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel die Partei. Und so versucht Pofalla mit dem Programm auch Felder zu besetzen, in denen bislang den Sozialdemokraten höhere Kompetenzwerte zugebilligt wurden.

Der Reformkurs des vergangenen Wahlkampfs wird mehr in Watte gepackt -auch eine Konsequenz aus den enttäuschten Hoffnungen der Partei bei den Ergebnissen der drei vergangenen Bundestagswahlen. Die soziale Sicherheit wird stärker betont. So hat der Arbeitnehmerflügel denn auch derzeit wenig Probleme mit der Akzeptanz des Programms, obwohl der Kurs des Leipziger Parteitags bei den radikalen Umbauplänen für das Gesundheitswesen ausdrücklich fortgesetzt wird.

Der Begriff "neue soziale Marktwirtschaft", für den CDU-Chefin Angela Merkel über Jahre geworben hatte, findet sich allerdings nicht im Entwurf. "Wir sprechen uns für die Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft in einer globalisierten Welt aus", sagt Pofalla. "Das habe ich auch so mit der Parteivorsitzenden besprochen." Dabei sagt er aber nicht, dass der Begriff der neuen sozialen Marktwirtschaft in der Partei nie sonderlich beliebt war. Auch die momentan so starke Kanzlerin macht damit Zugeständnisse.

Für verschiedene Wählergruppen, aber auch für alle Strömungen in der Partei ist etwas im Angebot. Einerseits soll die Partei großstädtischer werden. Anderseits heißt es auch: "Der Faden zur Kernwählerschaft soll nicht reißen." So taucht auch der polarisierende Begriff der Leitkultur als Maßstab für das Zusammenleben in Deutschland im Programm auf -eine Verbeugung an die Konservativen, wie viele meinen.

Merkel hofft, dass die Arbeit am Parteiprogramm der CDU auch über manche Frustration über die Zusammenarbeit mit der SPD, den ewigen Zwang zum Konsens mit dem fast gleichstarken Koalitionspartner, hinweghilft. In der Programmarbeit sollte die Partei ihr Profil gewinnen -das war von Anfang an das Ziel.

Bei der Vorlage des Entwurfs machte dann auch Pofalla an verschiedenen Stellen grundsätzliche Unterschiede zur SPD aus. Beim Herausstellen der Vorzüge des Programms redete der Generalsekretär so, als hätte der Wahlkampf schon wieder begonnen. Endgültig verabschiedet werden die neuen Leitsätze aber erst im Dezember auf dem nächsten Parteitag.

Von Oliver von Riegen und Ulrich Scharlack, dpa

Quelle: ntv.de

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