Dossier

Länder im Reform-Streit Elf CDU-Chefs, elf Meinungen

Bei den Verhandlungen über eine Gesundheitsreform haben vor allem die Ministerpräsidenten der Union immer wieder auf die Interessen ihrer Länder hingewiesen und so die Zwischenergebnisse der von der großen Koalition eingesetzten Arbeitsgruppe in Frage gestellt. Vor allem die wirtschaftlich erfolgreichen Süd-Länder fürchten, über den bisher geltenden Risikostrukturausgleich hinaus zur Unterstützung der Kassen in ärmeren Ländern verpflichtet zu werden. Die Positionen der Unions-geführten Länder im Einzelnen:

BAYERN: Hauptanliegen des Freistaates ist die Vermeidung befürchteter Mehrkosten in Milliardenhöhe. Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) fordert einen Rabatt für Bayern. Die Mehrkosten würden sich nach bayerischen Berechnungen aus einer Erhöhung des Finanzausgleichs ergeben, mit dem finanziell starke Kassen in prosperierenden Ländern schwache Kassen unterstützen.

BADEN-WÜRTTEMBERG: Regierungschef Günther Oettinger (CDU) trägt die Reform im Grundsatz mit, sieht aber Korrekturbedarf. Laut "Spiegel" hat er jüngst aber das Gelingen des Projekts bezweifelt. Im Bundesrat wird sich das Land enthalten, weil der Koalitionspartner FDP dies verlangt. Wichtig ist Oettinger vor allem, dass die Baden-Württemberger im Zuge eines Finanzausgleichs zwischen den Ländern nicht in großem Umfang zusätzlich zur Kasse gebeten werden.

SACHSEN: Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) hält die Ein-Prozent-Überforderungsgrenze für zu gering. Zudem dringt er angesichts der sehr günstigen Kassenbeiträge in Sachsen - die AOK mit der Hälfte der Versicherten in Sachsen liegt bei 12 Prozent - auf einen fairen Ausgleich zwischen den Kassen. "Es kann nicht sein, dass wir für die Krankenhausbetten bezahlen, die andere nicht abgebaut haben."

HESSEN: Die Eckpunkte werden auch in Hessen grundsätzlich akzeptiert. Ministerpräsident Roland Koch arbeite wie bei anderen Reformen auch konstruktiv mit der Bundesregierung zusammen, sagte sein Sprecher Dirk Metz. Dabei gehe es nicht um Protest. Hessen unterbreite Vorschläge, "wie Lösungen für ein praktikables Verfahren zur Umsetzung des Gesundheitsfonds gefunden werden können".

SAARLAND: Ministerpräsident Peter Müller (CDU) hatte im September heftige Kritik an den Eckpunkten geübt. Es sei ein "Geburtsfehler" der Reform, dass nicht zumindest Beitragssatzstabilität zu einem unverzichtbaren Kriterium gemacht worden sei. Es gebe aber "einen Zwang zur Einigung". Müller plädierte dafür, ambulante und stationäre Behandlung stärker zu verzahnen sowie die Kosten von Arzneimitteln zu senken.

NORDRHEIN-WESTFALEN: Der Chef des größten Bundeslandes, Jürgen Rüttgers (CDU), äußerte noch am Wochenende grundsätzliche Zweifel am Gelingen der Reform. Ihm fehle bisher die Klärung der Frage, "welches System wir überhaupt haben wollen". Im Streit über die Ein-Prozent-Grenze für mögliche Zusatzbeiträge der Versicherten forderte er eine praktikable Lösung.

HAMBURG: Bürgermeister Ole von Beust (CDU), der sich in der Diskussion der vergangenen Wochen mit öffentlichen Äußerungen zurückhielt, hatte im Juli bezweifelt, ob ein "großer Wurf" gelingen kann. Wichtig nannte er damals, für die Patienten mehr Transparenz der Gesundheitskosten zu schaffen sowie die Krankenhäuser mittelfristig aus der Finanzierungshoheit der Kommunen zu entlassen.

NIEDERSACHSEN: Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) hat sich stets hinter die Eckpunkte gestellt. Sein Land werde sich konstruktiv an der Diskussion beteiligen und eine Lösung im Rahmen der Eckpunkte suchen, müsse dabei aber auch die Interessen Niedersachsens im Blick haben, argumentierte er. Wulff wandte sich gegen Versuche, in die privaten Kassen einzugreifen und zu viel Bürokratie in die Reform einzubauen.

SCHLESWIG-HOLSTEIN: Regierungschef Peter Harry Carstensen (CDU) äußert sich öffentlich nicht zu dem Konflikt. Gesundheitsministerin Gitta Trauernicht (SPD) hatte das Zusammenführen der Konzepte von SPD und CDU als fragilen Kompromiss eingestuft. Nach ihrer Befürchtung könnte der Streit über die Reform und den Gesundheitsfonds zum Symbol des Scheiterns der großen Koalition werden.

SACHSEN-ANHALT: Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) weist darauf hin, dass eine Jahrhundertreform nicht gelingen werde und in einigen Jahren nachgebessert werden müsse. Er gibt sich kompromissbereit: Der Gesundheitsfonds sei zwar ein zentraler Punkt, die Reform aber auch ohne ihn möglich, die Ein-Prozent-Regelung hat Böhmer verteidigt. Verärgert zeigte sich Böhmer über die Ansprüche der Unions-regierten Länder Bayern und Baden-Württemberg beim Risikostrukturausgleich.

THÜRINGEN: Regierungschef Dieter Althaus (CDU) beharrt auf einem erweiterten Risikostrukturausgleich, damit die unterschiedliche Krankheitsstruktur der Versicherten stärker berücksichtigt werde. "Am Ende muss es zu diesem Ausgleich kommen, damit die Kassen auf gleicher Augenhöhe sind."

Quelle: ntv.de

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