Erste freie Wahl in Guinea Es bleiben Risiken
27.06.2010, 10:24 Uhr
Der Oppositionsführer Alpha Conde will Präsident werden.
(Foto: REUTERS)
Zum ersten Mal finden im afrikanischen Guinea freie Wahlen statt. Aber der Urnengang birgt auch Risiken. Denn alles hängt davon ab, wie die Militärjunta sich verhält.
Für die Wähler im westafrikanischen Kleinstaat Guinea könnte der 27. Juni ein geschichtsträchtiger Tag werden: Zum ersten Mal seit 1958 besteht die Chance auf wirklich freie Wahlen in einem Land, das seit der Unabhängigkeit vor allem von Umstürzen und Militärregierungen geprägt war. Nun gilt es, mit der Ablösung einer Militärjunta die Rückkehr zu einer zivilen Regierung zu erreichen. Die Auswahl ist groß: Gleich 24 Kandidaten bewerben sich um das Präsidentenamt.

Sekouba Konaté, amtierender Juntachef, hat das Ende der Militärherrschaft eingeleitet.
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Anders als in der Vergangenheit sind die Aussichten für eine demokratische Abstimmung diesmal gut. Denn der amtierende Juntachef Sekouba Konaté selbst hat mit einer Übergangsregierung die ersten Schritte für ein Ende der Militärherrschaft eingeleitet und festgelegt, dass kein Mitglied der Junta als Präsident kandidieren darf. Doch es bleiben Risiken.
Der Wahlkampf verlief bisher ohne größere Zwischenfälle oder Gewalt. Mehrere hundert Wahlbeobachter etwa der Afrikanischen Union (AU) und der westafrikanischen Staatengruppe Ecowas, die Guinea nach dem letzten Militärputsch im Dezember 2008 ausgeschlossen hatten, wollen den Wahlleitern in dem Land mit zehn Millionen Einwohnern genau auf die Finger schauen. Erstmals wird es nur eine gemeinsame Wahlurne für alle Stimmen und alle Bewerber geben - früher konnten die Wähler ihre Wahlzettel nur in die Box ihres jeweiligen Kandidaten werfen. Von geheimen Wahlen konnte daher keine Rede sein.
Stichwahl im Juli ist wahrscheinlich
Doch viel Auswahl hatten die Menschen in Guinea ohnehin nicht. Der 2008 gestorbene Langzeitpräsident Lansana Conte hatte sich einst an die Macht geputscht, und auch Guineas erster Präsident Ahmed Sekou Toure zeigte in seiner 26-jährigen Herrschaft wenig Willen zu einer Mehrparteiendemokratie.

Bei einer Protestkundgebung der Opposition im September 2009 wurden mehr als 150 Menschen getötet.
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Angesichts der Kandidatenfülle ist es fraglich, ob einer der Bewerber gleich im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit der Stimmen erhält. Eine Stichwahl im Juli erscheint daher wahrscheinlich. Unter den Kandidaten sind unter anderem der langjährige Oppositionsführer Alpha Conde, der ehemalige Ministerpräsident Cellou Dallein Diallo und der ehemalige Parlamentspräsident Aboubacar Somparé, wie mehrere Kandidaten ein langjähriger Freund und politischer Weggefährte Lansana Contes.
Entscheidend für einen Erfolg der Wahlen dürfte die künftige Haltung des Militärs sein. Zwar hat General Konaté mit dem Dialog mit der Opposition die Rückkehr zur Zivilgesellschaft überhaupt erst ermöglicht. Doch er kam eher durch Zufall an die Spitze der Junta, nachdem Putschistenführer Moussa Dadis Camara, der nach dem Tod Contes die Macht in Guinea ergriffen hatte, bei einem Attentat verletzt worden war.
Militär könnte angeklagt werden
Nun könnten den Militärs Anklagen wegen Menschenrechtsverletzungen während ihrer Herrschaft drohen. Im September 2009 schlug die Armee eine Oppositionskundgebung in der Hauptstadt Conakry blutig nieder. Mehr als 150 Menschen wurden damals getötet - auf die Bestrafung der Verantwortlichen warten die Menschen in Guinea noch immer.
Quelle: ntv.de, Eva Krafczyk, dpa