Dossier

Wahlkampf für Germany Grüne in den USA auf Stimmenfang

Barack Obama hat gezeigt, wie's geht. Ein flotter, internetgestützter Wahlkampf trug ihn ins Weiße Haus. Welcher Politstratege würde nicht davon träumen, Obamas triumphale Kampagne zu wiederholen? Von Obama lernen, heißt siegen lernen: Ein kleiner Kampagnen-Vorposten der Grünen in Washington trägt den deutschen Wahlkampf virtuell in die Welt hinaus. Was Obama nutzte, so das Kalkül, wird ihren Spitzenkandidaten Jürgen Trittin und Renate Künast gewiss nicht schaden.

Eine Methode, um weltweit zu agieren: der Online-Wahlkampf.

Eine Methode, um weltweit zu agieren: der Online-Wahlkampf.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Als bislang einzige deutsche Partei haben die Grünen einen eigenen Ortsverband in den USA, und als erste Partei werben sie vor der Bundestagswahl im September gezielt um die Stimmen jener Deutschen, die in den USA leben. "Wir haben uns inspirieren lassen von Obamas Wahlkampf", sagt Arne Jungjohann, der Sprecher des Ortsverbands Washington D.C. "Wir wollen Leute erreichen und einbinden, die vorher nicht in der Politik mitgemacht haben." Davon gibt es unter den Deutschen in den USA eine ganze Menge.

Staatliches Reservoir an Wählerstimmen

Zwischen 200.000 und 400.000 deutsche Staatsbürger leben in dem Land zwischen Atlantik und Pazifik, ihre genaue Zahl ist nicht erfasst. Es lässt sich indes genau beziffern, dass die Wahlmuffel unter ihnen überwiegen. Nur etwa 5100 Briefwahlstimmen gingen bei der Bundestagswahl 2005 von Deutschen aus den USA ein. Es lässt sich dort also ein stattliches Reservoir an ungenutzten Wählerstimmen anzapfen. Das Zauberwort im modernen Wahlkampfmanagement heißt Mobilisierung, die Erschließung neuer Wählerschichten.

Als Etappenziel für die Wahl im September haben sich die deutschen Grünen eine Verdoppelung der Beteiligung auf 10.000 Stimmen aus den USA gesetzt. Ihr Wahlkampfstab ist freilich klein, der Ortsverband zählt nur 15 Mitglieder. "Einen Straßenwahlkampf werden wir nicht machen", sagt Jungjohann. Aber die Möglichkeiten des Internet sollen voll ausgereizt werden: Facebook, Twitter, YouTube. "Die Rohre, die wir haben, aus denen schießen wir." Hinzu könnten politische Frühschoppen kommen und Wahlpartys etwa in San Francisco, Seattle und der Öko-Hochburg Boulder in Colorado.

Jung, kosmopolitisch, interneterfahren, akademisch

Von den potenziellen Wählern in den USA haben die Aktivisten nur eine vage Vorstellung. Zum einen seien da die "Obama-Deutschen": Jung, kosmopolitisch, interneterfahren, akademisch. Leute also, wie sie den grünen Ortsverband Washington prägen. Jungjohann etwa ist Klimaexperte der Heinrich-Böll-Stiftung. "Unter dieser Gruppe vermuten wir einen hohen Grünen-Anteil", sagt er.

Dann gibt es wohl noch eine größere Gruppe von Deutschen, die seit langem in den USA beheimatet sind, politisch eher konservativ denken und Brauchtumspflege betreiben - also nicht unbedingt eine Kernklientel der Grünen. Ganz egal, heißt es bei der Öko-Partei in Washington. Sie wollen Deutsche aller politischer Couleur mobilisieren, damit sie "ihre Erfahrungen aus dem Ausland nach Deutschland zurückbringen".

Die anderen Parteien warten ab

Die anderen deutschen Parteien warten erst mal ab. CDU und SPD haben immerhin in der EU-Kapitale Brüssel eigene Auslandsverbände, in Übersee sind sie bislang aber nicht präsent. Ihre parteinahen Stiftungen sind zwar in Washington vertreten, dürfen aber keinen Wahlkampf machen. Bei einem Erfolg dürfte das Beispiel der Grünen Schule machen: Immerhin entspricht das deutsche Wählerpotenzial in den USA dem einer größeren deutschen Stadt.

Quelle: ntv.de, Peter Wütherich, AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen