Dossier

Countdown zur Abwahl Kochs Irritationen bei der SPD

Die hessische SPD hat den Schluss-Countdown zur Abwahl von Ministerpräsident Roland Koch (CDU) und zur Regierungsübernahme eingeleitet. Doch gleichzeitig hat ihr Vize-Vorsitzender Jürgen Walter neue Zweifel genährt, ob das rot-grüne Raumschiff mit linker Hilfsrakete wirklich startklar ist. Beim Landesparteitag in Fulda stellte er sich am Samstag offen gegen die rot-grüne Koalitionsvereinbarung, in der er eine Gefährdung von Arbeitsplätzen sieht. Auf die Frage, ob er seine Vorsitzende Andrea Ypsilanti dennoch am Dienstag zur Ministerpräsidentin wählen wird, erwiderte er nur, dazu habe er alles gesagt.

In der Tat hat Walter in den vergangenen Monaten mehrfach erklärt, dass er SPD-Landeschefin Ypsilanti bei einem entsprechenden Votum der Partei im Parlament unterstützen werde. Mindestens genauso oft hat er aber auch zu Protokoll gegeben, dass er eine Tolerierung einer rot- rünen Minderheitsregierung durch die Linke für falsch hält.

Abhängig von einer Stimme

Unter den Parteitagsdelegierten in Fulda war er damit am Samstag zwar hoffnungslos in der Minderheit. Doch im Wiesbadener Landtag hängt Ypsilantis Schicksal von einer einzigen Stimme ab. Denn die SPD-Abgeordnete Dagmar Metzger widersetzt sich ohnehin einer Zusammenarbeit mit der Linkspartei. So bringen die verbleibenden Sozialdemokraten zusammen mit Grünen und Linken gerade die zur Ministerpräsidenten-Wahl erforderlichen 56 Mandate auf.

Da die Abstimmung geheim ist, wird in Wiesbaden seit Monaten über einen möglichen Heckenschützen aus Ypsilantis Lager spekuliert. Nach ihrem an Metzger gescheiterten ersten Anlauf im Frühjahr hat die Parteichefin jedoch ihre Vorkehrungen getroffen. In einem innerparteilichen Diskussionsprozess hat sie Skepsis gegenüber ihrem Kurs zurückgedrängt. Zudem hat sie mit allen Abgeordneten der 42- köpfigen Fraktion Vier-Augen-Gespräche geführt und schließlich auch noch eine Probeabstimmung abhalten lassen. Am Samstag gab sie sich überzeugt, dass alle bis auf Metzger zu ihr halten werden - auch Walter: "Ich freue mich jetzt auf Dienstag." Gleichwohl soll es am Montagabend - 16 Stunden vor der Wahl - noch eine weitere Probeabstimmung geben.

Ratlose Parteifreunde

Walter ließ in Fulda manchen Parteifreund ratlos über seine Beweggründe zurück. Schließlich hatte er den Vertrag, den er kritisierte, selbst mit ausgehandelt und anschließend auch im Landesvorstand dafür gestimmt. Die Risiken entdeckte der gelernte Jurist nach eigener Aussage erst später. Doch so dezidiert er nun seine Ablehnung begründete - bei der Abstimmung saß er nicht auf dem Podium, und auch im Saal wurde er nicht gesehen. Sitzungsleiter Norbert Schüren sagte, er sei nicht unter den acht Genossen gewesen, die mit Nein votiert hatten.

Seine Stimme hätte am Ergebnis aber kaum etwas geändert. Die Basis nahm den Koalitionsvertrag mit überwältigender Mehrheit an. Außer den acht Nein-Stimmen gab es noch gleichviel Enthaltungen - bei 341 Delegierten. Es besteht kaum ein Zweifel, dass auch die Grünen und der Landesvorstand der Linken am Sonntag die Vereinbarung billigen werden. Damit ist für Ypsilanti der Weg zur entscheidenden Abstimmung dann frei.

Quelle: ntv.de, Wolfgang Harms, dpa

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