Dossier

Spielt "Frauen-Karte" eine Rolle? Kandidatin Gesine Schwan

Sie wäre die erste Erste Frau im Staate. Bei der nächsten Bundespräsidentenwahl tritt Gesine Schwan also wieder gegen Horst Köhler an, zum zweiten Mal seit 2004. Bis zu der resoluten Professorin galten Frauen bei Bewerbungen für das höchste Staatsamt als "Zählkandidatinnen" ohne jede Chance. Jetzt ist die Mehrheit ungewiss - genauso wie die Frage, ob es eine große Rolle spielt, dass Schwan eine Frau ist. Angela Merkel jedenfalls hat die Geschäfte dermaßen im Griff, dass ihre Weiblichkeit kaum wahrgenommen wird. So erklärt sich der Wirbel, als sich Deutschlands erste Kanzlerin ausnahmsweise im tief ausgeschnittenen Abendkleid zeigte.

SPD-Präsidiumsmitglied Elke Ferner sieht die Frauenfrage mit Humor. "Dieses Land ist ja auch jahrzehntelang mit zwei Männern an der Spitze klargekommen", sagt sie. Gleichwohl hält sie es für nicht verkehrt, wenn die SPD mit einer Frau als Kandidatin wirbt. "Ich glaube schon, dass man das durchaus machen kann." Für Ferner wäre eine Wahl Schwans ein "wirklich wichtiges Signal" im Jahr 2009. Dann liegt es 90 Jahre zurück, dass mit der Sozialdemokratin Marie Juchacz erstmals eine Frau vor einem deutschen Parlament sprach: Seit 1918 haben Frauen in Deutschland das aktive und passive Wahlrecht.

"Was sollen wir mit Frauen im Kabinett?"

Nachdem in der Nazi-Zeit Frauen auf die Mutter-Rolle reduziert worden waren, ging es in der Bundesrepublik bei der Gleichberechtigung nur langsam voran. "Was sollen wir mit einer Frau im Kabinett? Dann können wir nicht richtig reden", beschwerte sich Kanzler Konrad Adenauer noch 1961. Nur widerwillig ernannte er die Juristin Elisabeth Schwarzhaupt zur ersten Bundesministerin. Sie war eine "Alibifrau" für das "überflüssige" Gesundheitsressort. Schwarzhaupt wurde auch jenseits ihres 60. Geburtstags noch mit "Fräulein" angesprochen, weil sie nicht verheiratet war.

Erste Bundestagspräsidentin war die vor kurzem verstorbene SPD- Politikerin Annemarie Renger. Sie zog nach ihrer Amtszeit (1972-1976) die Bilanz: "Ich habe in dieser Zeit erreicht, was ich wollte: Es ist bewiesen, dass eine Frau das kann!"



Wohl niemand wird bestreiten, dass dies auch für die erste Frau im Kanzleramt gilt, die seit November 2005 amtiert. Die Frauenforscherin Ulla Bock von der Freien Universität Berlin sagt mit Blick auf Merkels Leistung: "Das finde ich sehr erfrischend." Nun hofft die Soziologin, dass mit der Kandidatur Schwans in den Feuilletons keine Debatte über die "Verweiblichung der Welt" einsetzt. Ihrer Meinung nach sollte es um Person und Programm der Präsidentschaftskandidaten gehen - nicht ums Geschlecht.

Erste weibliche Doppelspitze?

Eine weibliche Doppelspitze wäre weltweit ohne Vergleich. Gerade einmal 10 von mehr als 190 souveränen Ländern haben derzeit eine Staats- oder Ministerpräsidentin. Eine Sonderstellung hat die langjährige britische Premierministerin Margaret Thatcher (1979- 1990), die als "Eiserne Lady" Geschichte schrieb. Auffällig ist, dass bei Frauen in der Politik besonders oft hervorgehoben wird, dass sie "ehrgeizig" sind, wie beim US-Wahlkampf in der Berichterstattung über Hillary Clinton zu beobachten ist.

In Deutschland gab es bereits einige Frauen, die sich für das Präsidentenamt bewarben: Neben Renger waren dies Luise Rinser für die Grünen, Hildegard Hamm-Brücher für die FDP, Dagmar Schipanski für die Union und Uta Ranke-Heinemann für die Linke-Vorgängerpartei PDS. Vor vier Jahren verlor die SPD-Kandidatin Schwan dann recht knapp gegen Köhler, den Bewerber von Union und FDP. Die Präsidentin der Viadrina-Universität aus Frankfurt (Oder) hatte eine unerwartete Wählerin aus dem anderen Lager: Gloria Fürstin von Thurn und Taxis.

"Reizende, sehr eloquente Frau"

"Erinnern Sie mich nicht daran", seufzte die Adelige eben erst in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Das wäre besser nicht herausgekommen. Seitdem werde sie in Bayern bei keinem Empfang der Staatsregierung mehr eingeladen. Ob die Fürstin es denn noch einmal so machen würde, falls sie wieder mitwählen dürfte? "Na ja, inzwischen hat sich herausgestellt, wie gut Köhler das macht. Aber Gesine Schwan ist auch eine reizende, sehr eloquente, ganz tolle Frau."

Von Caroline Bock, dpa

Quelle: ntv.de

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