Dossier

n-tv.de Interview "Kapital und Arbeit versöhnt"

Union und SPD haben Konzepte für eine stärkere Mitarbeiterbeteiligung vorgelegt. Bei der Union liegt der Schwerpunkt auf der staatlichen Förderung und auf der Anbindung der Arbeitnehmer an den konkreten Betrieb, in dem sie beschäftigt sind. Die SPD legt den Schwerpunkt auf die Absicherung des Insolvenzrisikos. Beide halten das jeweils andere Modell für bürokratischer und weniger lukrativ, beide betonen allerdings auch den Willen zur Einigung. - Fragen an den CDU-Sozialpolitiker Ralf Brauksiepe.

n-tv.de: Anders als die SPD sieht Ihr Modell der "sozialen Kapitalpartnerschaft" lediglich die Beteiligung der Arbeitnehmer an ihrem Betrieb vor. Wie soll das bei kleinen Betrieben funktionieren?

Ralf Brauksiepe: Wir wollen ein Angebot machen für möglichst viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, unabhängig von der Rechtsform des Unternehmens, bei dem sie beschäftigt sind. Ich gehe davon aus, dass es verschiedene Formen der Beteiligung geben wird, die sich bei entsprechender Förderung auch weiter entwickeln werden. Bei kleineren Gesellschaften sind etwa schuldrechtliche Beteiligungen denkbar. Es geht ja nicht nur um Aktienkapital.

Die Beteiligung nach Ihrem Konzept wäre freiwillig, der Staat soll lediglich Anreize schaffen.

Richtig.

Was würde das kosten?

Das wird im Laufe eines Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen sein. Es gibt ja auch jetzt schon staatliche Anreize. Die sind aus unserer Sicht aber unzureichend.

Sollen mit der Beteiligung auch Mitbestimmungsrechte verbunden sein?

Das hängt von der Art der Beteiligung ab. Bei einer schuldrechtlichen Beteiligung gibt es keine Mitbestimmungsrechte. Wer Aktien des eigenen Unternehmens erwirbt, wer also gesellschaftsrechtlich Teilhaber wird, hat auch Mitbestimmungsrechte.

Der SPD-Politiker Karl Lauterbach hat bei n-tv kritisiert, beim Unionsmodell bestehe die Gefahr, dass es zu Lohnkürzungen kommt.

Das ist völliger Unsinn. Natürlich kann jeder Euro nur einmal ausgeben werden. Geld, das mit Unterstützung des Arbeitgebers in die Beteiligungsmasse am Unternehmen fließt, steht für Nominallohnerhöhungen oder auch betriebliche Alterssicherungen natürlich nicht mehr zur Verfügung. Aber das ist zwischen den Tarifvertragsparteien auszuhandeln. Auch Herrn Lauterbach müsste eigentlich bekannt sein, dass in den letzten 25 Jahren die Einkünfte aus nicht selbstständiger Tätigkeit annähernd stagniert haben, während die Einkünfte aus Unternehmertätigkeit und Vermögen deutlich gestiegen sind. Hätten wir in den letzten 25 Jahren schon die Beteiligung gehabt, die wir uns wünschen, dann hätten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer heute mehr Geld in der Tasche und nicht weniger.

Der Vorteil am "Deutschlandfonds" der SPD ist, dass Arbeitnehmer bei einer Pleite des Unternehmens nicht ihre Beteiligung verlieren würden. Hat das nicht auch für Sie einen gewissen Charme?

Selbstverständlich geht es auch uns um den Insolvenzschutz. Aber dieser deutschlandweite, bürokratische und sehr anonyme Fonds überzeugt uns nicht. Wie gesagt, uns schweben verschiedene Formen von Beteiligungen vor. Dabei gibt es auch unterschiedliche Formen der Absicherung. Wir gehen davon aus, dass der Kapitalmarkt über kurz oder lang Versicherungen und andere Formen der Insolvenzabsicherung anbieten wird. Wobei immer klar ist: Je geringer das Risiko, desto geringer auch der mögliche Gewinn.

Ein Einwand, der sowohl gegen Ihr Modell als auch gegen das der Sozialdemokraten erhoben wird, ist folgender: Arbeitnehmer mit geringen Einkommen würden nicht vom Investivlohn profitieren, weil sie gar nicht die Möglichkeit haben, in ihr Unternehmen bzw. in den Deutschlandfonds zu investieren.

Warum nicht?

Weil bei denen am Ende des Monats nichts übrig ist.

Natürlich ist eine gewisse Liquidität Voraussetzung. Aber ich kann nicht erkennen, dass dies ein sinnvoller Einwand gegen den Investivlohn ist.

Wie könnte ein Kompromiss mit der SPD aussehen? Beide Modelle nebeneinander, als Option für Unternehmen oder Beschäftigte?

Darüber will ich jetzt gar nicht spekulieren. Ich bin sehr optimistisch, dass uns in den nächsten Wochen und Monaten eine Einigung gelingt, in der sich beide Koalitionspartner wiederfinden. Wir haben das Thema im vergangenen Jahr in der CDU intensiv diskutiert und jetzt in Abstimmung mit der CSU zu einem Abschluss gebracht. Da freue ich mich erst mal, dass die SPD sich auch bewegt. Für uns ist die Mitarbeiterbeteiligung nicht in erster Linie aus wirtschaftspolitischen Gründen wichtig, sondern aus grundsätzlichen gesellschaftspolitischen Gründen. Es geht hier um die Versöhnung von Kapital und Arbeit - ein uraltes Thema der christlich-demokratischen, auch der christlich-sozialen Union.

Wie ist derzeit eigentlich das Klima in der großen Koalition? Nach außen scheint es, als sei der Pulverdampf verflogen.

Ach, das sind Dinge, die zum Teil nur in den Medien stattfinden. Für mich als Sprecher für Arbeit und Soziales kann ich sagen, dass die Zusammenarbeit gut läuft. Natürlich hat es Meinungsverschiedenheiten und Spannungen gegeben. Im Grunde arbeiten wir fachlich aber gut zusammen.

(Die Fragen stellte Hubertus Volmer.)

Quelle: ntv.de

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