CDU ohne Althaus Kein "Plan B" für Superwahljahr
12.01.2009, 18:13 UhrEin lähmender Gerichtsprozess wegen fahrlässiger Tötung oder ein Ministerpräsident Dieter Althaus, der gesundheitlich angeschlagen bleibt - für die Thüringer CDU ist das offiziell kein Thema. Es gibt keinen "Plan B" verkünden CDU-Vertreter unisono, während der Regierungs- und Parteichef zu Beginn des Superwahljahrs 2009 an den Folgen seines schweren Skiunfalls vom 1. Januar in Österreich laboriert, bei dem eine 41-jährige Frau tödlich verletzt wurde. Radio, Fernsehen, Laptop, Handy oder Zeitungen sind aus dem Krankenzimmer des 50 Jahre alten Spitzenpolitikers im Jenaer Universitätsklinikum verbannt. Seit vergangenem Freitag wird er in der Heimat behandelt. Das scheint dem Frontmann der Thüringer CDU, für die es bei der Landtagswahl am 30. August um die Verteidigung der absoluten Mehrheit geht, Kraft zu geben.
"Wir müssen aufpassen, dass er nicht auf Leistung trainiert", sagte sein behandelnder Arzt Rolf Kalff am Montag. Althaus, ein ambitionierter Freizeitsportler, versuche sich schon wieder auf dem Heimtrainer, berichtete der Direktor der Fachklinik für Neurochirurgie. Regierungsmitglieder und Partei setzen darauf, dass sich ihr Chef von seinem schweren Schädelhirntrauma schnell wieder erholt. "Ich baue auf seine Fitness - wir alle bauen darauf", sagte die stellvertretende Ministerpräsidentin Birgit Diezel kurz nach dem Unfall. Diezel führt derzeit die Amtsgeschäfte.
Doch der Gesundheitszustand von Althaus, der laut Ärzten bisher nicht vernehmungsfähig ist, schwankt: Klare Phasen wechseln sich mit Zeiten ab, in denen der Ministerpräsident zeitlich, örtlich und situativ nicht vollständig orientiert ist. Das Geschehene sei seinem Patienten, der voraussichtlich in der kommenden Woche in eine Reha- Klinik verlegt werden soll, noch nicht in vollem Umfang bewusst, diagnostizierte Kalff: "Die volle Tragweite des Unfalls wird er erst mit Verlauf der Behandlung vollständig wahrnehmen."
Wahlen ohne Althaus
In Thüringen wird derweil vor allem in inoffiziellen Runden diskutiert, wie der Start in das Jahr mit Kommunal- und Europawahlen im Juni, der Landtagswahl im Sommer und der Bundestagswahl Ende September zunächst ohne Althaus gemeistert wird. Termine übernehmen Diezel und andere Minister, das Kabinett tagt regelmäßig, die Regierung zeigt Handlungsfähigkeit, wie es Diezel ausdrückt. Das CDU- Wahlprogramm soll demnächst vom Vorstand vorgelegt und bis Mai in Regionalkonferenzen diskutiert werden. Die CDU, so scheint es, spielt auf Zeit und setzt auf das Prinzip Hoffnung. Es wird schon gut werden, so ihr Credo. Kein "Plan B" heißt: Es gibt keine Alternative zu dem 50-Jährigen.
Ex-Ministerpräsident Bernhard Vogel, der Althaus als seinen Nachfolger aufgebaut hatte, sieht laut MDR keinen Grund für "alternative Gedankenspiele". Der 76-Jährige soll verstärkt im Landtagswahlkampf um Stimmen werben; CDU-Agrarminister Volker Sklenar, der bei Thüringens Bauern sehr beliebt ist, will nach der Landtagswahl nun doch noch einige Zeit weitermachen. Einige Monate können ohne Althaus, der in nahezu allen Politikbereichen das letzte Wort hat, überbrückt werden, glaubt Fraktionschef Mike Mohring. SPD und Die Linke, die sonst Althaus und seine Regierungspolitik hart attackieren, halten sich derzeit vornehm zurück.
Alternativen für Althaus
Noch kann niemand sagen, wie schnell sich Althaus erholt, wie die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen und eine mögliche Schadenersatzklage ausgehen oder wie der CDU-Politiker den harten politischen Alltag nach seiner Rückkehr in die Erfurter Staatskanzlei verkraftet. Einige Vertraute glauben auch, dass der schwere Unfall und der Tod der gebürtigen Slowakin Beata Christandl den gläubigen Katholiken menschlich verändern werden.
Sollte trotz dem zur Schau gestellten Optimismus die Thüringer CDU ohne Althaus auskommen müssen, werden zwei Namen genannt: Sozialministerin Christine Lieberknecht, eventuell als Doppelgespann mit dem jungen Fraktionschef Mohring. "Für Lieberknecht spricht dann viel", heißt es in Regierungskreisen. Die 50 Jahre alte Theologin war schon Kultus- und Europaministerin, Landtagspräsidentin und Fraktionschefin. Sie gilt als volksverbunden, hat eine Vergangenheit als Wende-Rebellin, ist durchaus machtbewusst und übernahm nach der Kabinettsumbildung 2008 die Rolle als "soziales Gewissen" der CDU.
Simone Rothe, dpa
Quelle: ntv.de