Dossier

Trotz "Euroskeptizismus" Kroaten und Serben auf EU-Kurs

Eigentlich hätte der vom französischen Präsidenten wiederholt angekündigte Beitrittsstopp wegen der ungelösten inneren Verfassung der Europäischen Union (EU) in Kroatien wie eine kalte Dusche wirken müssen. Doch die Spitzenpolitiker in Zagreb wollen das nicht zur Kenntnis nehmen. "Die Aussage von Sarkozy bezieht sich nicht auf uns", ist Staatspräsident Stjepan Mesic sicher. "Sarkozy hat mir versichert, dass Kroatien auf der sicheren Seite ist", beteuert Regierungschef Ivo Sanader.

Doch längst nicht alle Medien des Landes teilen die optimistische Sicht, nach der Kroatien Anfang 2011 der Union beitreten soll. "In dieser Zeit wird die Union eine Lösung finden", wird Regierungschef Sanader nicht müde zu versichern. Die regierungsunabhängigen Zeitungen sehen dagegen eine "herbe Krise" oder gar eine "Apokalypse" in den Beziehungen zwischen Brüssel und Zagreb. Der neue Sand im Getriebe gibt dem weit verbreiteten "Euroskeptizismus" Auftrieb.

Bevölkerung distanziert sich

Die zunehmende Distanz der Bevölkerung drohe, "das Reformtempo zu verlangsamen", sagt der frühere Außenminister Mate Granic. Denn die EU wird zunehmend wegen angeblicher antikroatischer Bedingungen an den Pranger gestellt. Da ist zum Beispiel das Ende der als ruhmreich empfundenen heimischen Schiffsbauindustrie, die wegen der gestrichenen heimischen Subventionen vor dem Aus steht. Das bedeutete den Verlust von rund 20.000 Arbeitsplätzen. Empfindlich reagiert die Bevölkerung auch auf den Kauf von Grund und Boden durch Ausländer. Die Regierung will diese Erlaubnis um zwölf Jahre verschieben, weil sie Angst vor einem Ausverkauf der langen Adriaküste hat.

"Wir werden die Verhandlungen im nächsten Jahr beenden und sind dann bereit für den Beitritt", so das Staatsoberhaupt. Die Probleme um den Vertrag von Lissabon "werden den Weg Kroatiens in die EU nicht aufhalten". Doch selbst wenn die Hindernisse innerhalb der Union beiseite geräumt werden könnten, steht noch viel Arbeit bevor. Denn Kroatien hat bis heute bei den Beitragsverhandlungen erst drei Themenkapitel abgeschlossen - 20 warten noch darauf, angegangen zu werden.

Gleichbehandlung als "Katastrophe"

Am meisten ärgert die kroatischen EU-Politiker, dass ihr Beitritt im gleichen Atemzug mit dem des Nachbarn Serbien genannt wird. Da Kroatien schon lange den Weg in Richtung Europa eingeschlagen und Serbien stattdessen die vielen selbst aufgetürmten Hindernisse noch nicht beseitigt hat, empfinden Politiker, Medien und Bürger diese Gleichbehandlung als "Katastrophe" und "Erniedrigung". Denn Kroatien sieht sich viel näher an Brüssel und befürchtet, dass sich der EU-Beitritt durch die Verbindung mit Serbien verzögern könnte.

Die neue serbische Regierung hat nach der Blockadepolitik ihrer Vorgängerin ein Schwindel erregendes Tempo vorgelegt. Schon Mitte Dezember soll Serbien von der EU-Kommission offiziell als Kandidat geadelt werden, steht im "Aktionsplan" von Vizeregierungschef Bozidar Djelic. 2009 sollen die Verhandlungen starten. Doch auch dieser Spitzenpolitiker weiß, dass sein Land bis dahin als eine der wichtigsten Vorbedingungen noch drei Serben verhaften und an das UN- Kriegsverbrechertribunal ausliefern muss, die seit vielen Jahren untergetaucht sind und von Teilen der Bevölkerung immer noch als "Volkshelden" verehrt werden.

Boris Raseta, dpa

Quelle: ntv.de

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