Wer wird Rüttgers Nachfolger? Machtkampf setzt Merkel unter Druck
14.07.2010, 15:13 UhrOhne Koch, Wulff und Rüttgers hat Merkel ein Problem. Daher ist es für sie wichtig, wer neuer CDU-Chef in NRW wird. Vier Kandidaten stehen bereit, aber gegen jeden gibt es Einwände.

Wen wünscht Merkel sich als Rüttgers Nachfolger? Mindestens vier Kandidaten sind im Rennen: ...
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Die nordrhein-westfälische CDU hat als größter Landesverband der Partei stets besondere Ansprüche gestellt. Jetzt bewirkt die nötige Neuaufstellung der Union an Rhein und Ruhr in der Opposition, dass sogar das Personalkarussell der Partei auf Bundesebene ins Stocken gerät. Denn CDU-Chefin Angela Merkel muss wohl bis Oktober warten, bis Klarheit entsteht, wer auf dem Bundesparteitag im November die vier Posten der stellvertretenden Parteivorsitzenden besetzen kann.
Hauptgrund ist die schwierige Suche, wer die CDU im größten Bundesland führen soll. Immerhin hat der bisherige Ministerpräsident und NRW-Landeschef Jürgen Rüttgers angedeutet, er wolle sich nun doch schneller von seinen Parteiämtern zurückziehen als geplant. "Mit der Wahl von Hannelore Kraft zur Ministerpräsidentin einer rot-grünen Minderheitsregierung ist der Schritt auch wirklich überfällig", stichelt einer der CDU-Hauptmatadoren schon seit Tagen.

... der frühere Integrationsminister Laschet, der bisherige Arbeitsminister Laumann, der Generalsekretär des Landesverbands Krautscheid (l-r) ...
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Der erste Schritt der Wachablösung wurde vergangene Woche vollzogen, als der bisherige Sozialminister Karl-Josef Laumann zum CDU-Fraktionschef gewählt wurde. Aber für den Posten des Landeschefs gibt es mindestens vier Anwärter. Generalsekretär Andreas Krautscheid hat Ambitionen, auch der frühere Integrationsminister Armin Laschet würde gerne den Landesverband führen. Aus Berlin meldet Bundesumweltminister Norbert Röttgen Interesse an. Und dem im Land populären Laumann wird immer noch der Wunsch nachgesagt, mit der Wahl zum Landeschef den Sprung zum eigentlich starken Mann der NRW-CDU anzustreben.
Zu alt, "Berlin-Malus" oder Dauerkonfrontation
Das Problem: Gegen jeden Kandidaten gibt es Einwände. Krautscheid gilt als Rüttgers-Mann, Laumann als zu alt, der 45-jährige Röttgen trägt einen "Berlin-Malus" mit sicher herum und hat mächtige Feinde im Land. Und bei Laschet fürchten einige eine Dauerkonfrontation mit Laumann, der ihn im Rennen um den Fraktionsvorsitz knapp besiegt hatte.
Niemand in der CDU weiß zudem, wie sich die Partei überhaupt aufstellen soll. Unabhängig von persönlichen Konflikten und der traditionellen Konkurrenz der Bezirksverbände Rheinland und Westfalen weiß die größte Oppositionspartei nicht, wie lange das rot-grüne Bündnis hält und wann Neuwahlen ausgerufen werden. Die Wetten laufen von fünf Monaten bis fünf Jahre.

... und aus Berlin meldet Bundesumweltminister Röttgen Ambitionen an.
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Deshalb wird in der CDU auch eine Trio-Lösung diskutiert. Eine der Varianten für eine Teamlösung sieht neben Fraktionschef Laumann dann Röttgen oder Laschet als Landesvorsitzenden vor - mit der vagen Option für den Verlierer, als "Trostpflaster" vielleicht Spitzenkandidat bei Neuwahlen oder Parteivize im Bund werden zu können. Der aus Münster stammende Vorsitzende des Auswärtigen Bundestagsausschusses, Ruprecht Polenz, hält davon aber gar nichts. "Damit der Einfluss Nordrhein-Westfalens nicht geschwächt wird, muss etwa der Landesvorsitz und die Vertretung in Berlin in einer Hand liegen", sagte er Reuters.
Wer wird Nummer zwei hinter Merkel?
Doch sehr zum Unmut von Bundeskanzlerin Merkel dominieren im größten Landesverband die regionalen Überlegungen klar über die Bundesauswirkungen. Dabei muss die CDU-Vorsitzende nach dem Abgang der drei starken Ministerpräsidenten Roland Koch, Christian Wulff und Rüttgers eine neue Balance in der Parteiführung finden. Da bisher die jungen Landeschefs Stefan Mappus (Baden-Württemberg) und David McAllister (Niedersachsen) im November nicht kandidieren wollen, gelten Bundesbildungsministerin Annette Schavan und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen als Favoriten für zwei der vier Plätze.
Ausdrücklich will Merkel aber vermeiden, dass ihre Stellvertreter nur aus dem Bundeskabinett kommen. Daher gilt es als unwahrscheinlich, dass für den NRW zustehenden Posten Röttgen oder Kanzleramtschef Ronald Pofalla in die Parteiführung aufrücken. Erst wenn die NRW-CDU "ihren" Kandidaten bestimmt hat, kann Merkel weiter planen. "Die eigentliche Debatte beginnt deshalb erst kurz vor dem Bundesparteitag", sagte deshalb Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich voraus.
Allianzen hinter den Kulissen
Hinter den Kulissen versuchen an Rhein und Ruhr nun alle Kandidaten, Allianzen zu schaffen - mit offenem Ausgang. Krautscheid ist mit Röttgen seit dem Studium befreundet. Offen wird aber auch über eine "Anti-Röttgen"-Allianz getuschelt, der sich neben Pofalla als Bezirkschef Niederrhein auch der Vorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder, anschließen könnten. Laschet wird nachgesagt, mit allen Seiten zu verhandeln.
Erste Aufschlüsse über die wahren Kräfteverhältnisse in dem Landesverband dürfte das Treffen der mächtigen Bezirkschefs am Freitag geben. Als sicher gilt, dass der Landesparteitag vom Frühjahr 2011 auf Oktober vorgezogen wird. Dann wird endgültig über die Personalien entschieden - notfalls mit einer Abstimmung bei einer Kampfkandidatur.
Quelle: ntv.de, rts