Minderheitsregierungen Meist nur von kurzer Dauer
14.07.2010, 14:15 Uhr
Das "Madgeburger Modell" von Reinhard Höppner hielt am längsten. Von 1994 bis 2002 regierte er Sachsen-Anhalt mit Tolerierung der damaligen PDS.
(Foto: picture-alliance / dpa)
Die neue nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) wird eine rot-grüne Regierung ohne eigene absolute Mehrheit im Landtag anführen. Eine solche Minderheitsregierung ist aber beileibe kein Novum in der Bundesrepublik. Etliche Bundesländer haben damit in der Vergangenheit ihre Erfahrungen gemacht. Bis auf Ausnahmen waren die Minderheitsregierungen aber nur von kurzer Dauer.
Berlin
In Berlin führte Richard von Weizsäcker (CDU) als Regierender Bürgermeister nach der Abgeordnetenhauswahl von 1981 einen von einigen FDP-Abgeordneten tolerierten CDU-Minderheitssenat. 1982 trat die FDP in den Senat ein, nachdem auch im Bund eine schwarz-gelbe Koalition gebildet wurde.
1989 wurde Walter Momper (SPD) an der Spitze eines rot-grünen Senats zum Regierenden Bürgermeister gewählt. Nachdem die Koalition im November 1990 kurz vor der Wahl in Berlin zerbrach, führte Momper einen SPD-Minderheitssenat an, der Anfang 1991 von einer großen Koalition abgelöst wurde.
Im Juni 2001 ließ sich der SPD-Politiker Klaus Wowereit mit den Stimmen der damaligen PDS vom Abgeordnetenhaus zum Regierenden Bürgermeister wählen. Der anschließend gebildete rot-grüne Minderheitssenat regierte gut vier Monate mit Tolerierung der Linken, bevor es im Oktober des Jahres zu vorgezogenen Neuwahlen kam.
Hessen
Nach der Landtagswahl 1982 stand Holger Börner (SPD) gut drei Jahre an der Spitze einer SPD-Alleinregierung, ab 1984 mit Tolerierung der Grünen. 1985 gingen beide Parteien die erste rot-grüne Regierung in einem Bundesland ein.
Brandenburg
Nachdem die Ampelkoalition unter SPD-Ministerpräsident Manfred Stolpe im März 1994 an der Debatte um dessen Stasi-Kontakte zerbrach und die Grünen ausstiegen, hielten sich die Sozialdemokraten bis zur Landtagswahl im September des Jahres durch eine Minderheitsregierung mit den Liberalen über Wasser. Bei der Wahl holte die SPD die absolute Mehrheit.
Sachsen-Anhalt
Langlebiger und spektakulärer als andere Minderheitsregierungen war das sogenannte Magdeburger Modell: Ab 1994 reagierte Ministerpräsident Reinhard Höppner (SPD) acht Jahre lang toleriert von der PDS - die ersten vier Jahre davon mit einem rot-grünen Kabinett, ab 1998 dann mit einer SPD-Alleinregierung. Bei der Landtagswahl im April 2002 scheiterte das Magdeburger Modell dann aber.
Bundesebene
Im Bund gab es eine Minderheitsregierung nur zweimal für kurze Zeit, jeweils als Konsequenz eines Koalitionsbruchs. Der ehemalige Bundeskanzler Ludwig Erhard (CDU) regierte 1966 mit einer CDU/CSU-Regierung weiter, nachdem die FDP die Koalition mit der Union aufgekündigt hatte. 1982 stand Altkanzler Helmut Schmidt (SPD) kurzzeitig einer SPD-Minderheitsregierung vor, nachdem die FDP die sozial-liberale Koalition aufgekündigt hatte.
Quelle: ntv.de, AFP