Porträt Michail Saakaschwili
06.01.2008, 13:41 UhrDer georgische Politiker Michail Saakaschwili hat bei vielen Menschen in der Kaukasusrepublik seine Sympathien als Präsident verspielt. Dennoch schätzt ihn ein Großteil der Georgier als Mann von Welt, der für eine prowestliche Politik steht. Der 40 Jahre alte Jurist wird trotz seines oft scharfzüngigen Auftretens und seines populistischen Politikstils geachtet. Symbolhaft trägt er meistens ein weißes Hemd und rote Krawatte unter dem dunklen Anzug - in Anlehnung an die weiße georgische Flagge mit den roten Kreuzen.
Weltweit bekannt wurde der von seinen Anhängern Mischa genannte Politiker 2003 als Held der sogenannten Rosenrevolution. Damals zwang er Präsident Eduard Schewardnadse, seinen politischen Ziehvater, zum Rücktritt. Der mit einer Niederländerin verheiratete Saakaschwili hat es bei seinem Jura-Studium in New York und weiteren Aufenthalten im Ausland gelernt, sich fließend auf Englisch und Französisch auszudrücken. Nicht zuletzt verschaffte er seiner in die EU und in die NATO strebenden Ex-Sowjetrepublik Ansehen im Westen.
Als er aber Anfang November 2007 Polizeigewalt mit Knüppeln, Gummigeschossen und Tränengas gegen Regierungskritiker zuließ, wandten sich auch im Westen viele seiner Anhänger und Verbündeten enttäuscht von ihm ab. Vor allem wegen des brutalen Vorgehens der Sicherheitskräfte konnte Saakaschwili seine 96 Prozent Stimmenanteil von 2004 nun nicht wiederholen. Der Politiker kündigte unlängst an, dass er auf "die auch in westlichen Demokratien gegen Demonstranten eingesetzten Polizeimittel" auch in Zukunft im Interesse des Staates zurückgreifen werde.
Seine Wähler loben das entschiedene Vorgehen gegen jeden, der den Reformkurs gefährden will. Der charismatische Saakaschwili selbst unterstreicht immer wieder seinen erfolgreichen Kampf gegen Korruption und Kriminalität, warnt vor den politischen "Wölfen im Schafspelz", weicht aber Fragen nach der anhaltend großen Armut in seinem Land aus. Auch die abtrünnigen Gebiete Abchasien und Südossetien hat er nicht - wie versprochen - zurück nach Georgien holen können. Politologen sehen in Saakaschwilis Anhäufung von Machtbefugnissen in den vergangenen Jahren zunehmend autoritäre Tendenzen in der Schwarzmeerrepublik.
Kritiker bezeichnen Saakaschwili als "machtbewussten Demagogen", zugleich attestieren sie ihm eine überdurchschnittliche Intelligenz. Neben seinem Studium arbeitete er in einer großen Anwaltskanzlei in Manhattan und war später auch Lobbyist der Ölbranche. Saakaschwilis Landsleute halten dem Vater zweier Söhne zugute, dass er im Gegensatz zu anderen Georgiern in seine Heimat zurückkam, um das in vielen Bereichen rückständige Land zu erneuern.
Von Ulf Mauder, dpa
Quelle: ntv.de