Dossier

Tragische Figur der Berlin-CDU Pflüger verliert an Rückhalt

Er wollte der krisengebeutelten Landes-CDU zu einem fulminanten Neuanfang verhelfen, doch nun ist er selbst ins Straucheln geraten: Der erst seit 2006 amtierende Berliner Fraktionschef Friedbert Pflüger muss dieser Tage mitansehen, wie seine Parteifreunde offen seine Demontage betreiben. Mit seinem Plädoyer für einen liberalen Kurs und der Öffnung für eine mögliche Jamaika-Koalition mit FDP und Grünen hat sich der einstige Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium bei den Christdemokraten in der Hauptstadt kaum Freunde gemacht. Nun scheiterte der 53-Jährige mit seinem Versuch, neben dem Fraktionsvorsitz auch die Führung der Landespartei zu übernehmen.

Der am 6. März 1955 in Hannover geborene Pflüger war 2006 als Herausforderer des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) nominiert worden, nachdem der zuvor ins Gespräch gebrachte Ex-Chef des UN-Umweltprogramms UNEP, Klaus Töpfer, die ihm angetragene Spitzenkandidatur abgelehnt hatte.

Argwohn bei Parteifreunden

Von großem Erfolg gekrönt war Pflügers Hauptstadt-Mission zu keinem Zeitpunkt: Bei der Abgeordnetenhauswahl im September 2006 rutschte die CDU auf 21,3 ab - und unterbot damit sogar noch ihr schlechtes Ergebnis von 2001, mit dem die CDU als Konsequenz aus der verheerenden Bankenkrise in die Opposition geschickt worden war. Trotz der Wahlschlappe nahm im September 2006 Pflüger auf der harten Oppositionsbank Platz und wurde Fraktionschef. Er warb emsig für ein Jamaika-Bündnis und schaffte es immerhin, dass sich die drei Parteien gelegentlich an einen Tisch setzten - wie jüngst bei ihrer gemeinsamen Begegnung mit dem Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Günther Oettinger (CDU).

Den Flirt mit den anderen beiden Oppositionsparteien betrachteten viele seiner Parteifreunde mit Argwohn, ohnehin fehlte ihm eine Hausmacht in der Hauptstadt-CDU. Als Niederlage des umtriebigen Fraktionschefs galt zudem der gescheiterte Volksentscheid zur Offenhaltung des Flughafens Tempelhof, den Pflüger an vorderster Front mitbetrieben hatte.

Abgeblitzt

Innerparteilich geschwächt stieß er auf erbitterten Widerstand der Kreisvorsitzenden, als er in der vergangenen Woche seine Ambitionen auf den Landesvorsitz anmeldete. Mit der Doppelfunktion wollte er seine Ausgangsposition für die Spitzenkandidatur zur nächsten Abgeordnetenhauswahl ausbauen. Doch die Bezirksfürsten und der mächtige Landeschef Ingo Schmitt ließen Pflüger bei einer Krisensitzung abblitzen - woraufhin der Fraktionschef trotzig ankündigte, dennoch weiter um die Doppelfunktion kämpfen zu wollen.

Dies könnte ihm nun das endgültige Aus bescheren: Für die Fraktionssitzung am Dienstagnachmittag wurde ein Abwahlantrag gegen Pflüger erwartet. Über ihn müsste auf einer Sondersitzung entschieden werden, die am Freitag stattfinden könnte. Erforderlich wäre eine Zweidrittel-Mehrheit gegen den Amtsinhaber.

Damit wäre Pflügers Berlin-Karriere beendet, obwohl in der Hauptstadt seine politischen Wurzeln liegen. Von 1981 bis 1984 war er Mitarbeiter des damaligen Regierenden Bürgermeisters Richard von Weizsäcker (CDU), für den er nach dessen Wahl zum Bundespräsidenten bis 1989 auch als Pressesprecher tätig war. 1990 zog er erstmals in den Bundestag ein, seither machte er sich vor allem als Außen- und Verteidigungspolitiker einen Namen. Nach der jüngsten Bundestagswahl wurde er im November 2005 Parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium, bevor er ein knappes Jahr später in die Berliner Landespolitik wechselte. Was nach einem Ende als Berliner Fraktionschef aus Pflüger werden würde, steht derzeit in den Sternen.

Quelle: ntv.de, Jürgen Petzold, AFP

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