Dossier

Kitsch-Film belebt Wahlkampf Putin ganz privat

Acht Jahre hat Russlands Präsident Wladimir Putin sein Privatleben weitgehend aus der Öffentlichkeit herausgehalten. Zum Ende seiner Amtszeit erscheint pünktlich zum Valentinstag nun mit "Küsse sind nicht für die Presse" in Russland ein Spielfilm, der allem Anschein nach Putin ganz privat zeigt. Der kitschige Streifen mit populären russischen Schauspielern ist gut zwei Wochen vor der Präsidentenwahl wohl das Skurrilste, was der ansonsten dröge russische Wahlkampf zu bieten hat. Den Segen des Kreml scheinen die Produzenten aber nicht zu haben.

Die Ähnlichkeiten können kein Zufall sein. Auch wenn Produzent Anatoli Woropajew jeden Zusammenhang bestreitet, zeichnet der Film detailgetreu die Stationen aus Putins Lebensweg nach: Die Hauptfigur kommt aus St. Petersburg, ist Jurist, spricht ausgezeichnet Deutsch, arbeitet als Agent in Dresden und wird am Ende Präsident des Riesenreichs. Auch sein Name Alexander Alexandrowitsch Platow erinnert verdächtig an Wladimir Wladimirowitsch Putin.

Fiktiver Präsident als liebender Familienvater

"Man muss nicht der Hellste sein, um zu erraten, um wen es in dem Film geht", kommentierte das Boulevardblatt "Moskowski Komsomolez" bissig. Um alle Zweifel auszuräumen, erinnert auch Hauptdarsteller Andrej Panin äußerlich und in seiner Art zu spielen stark an den derzeitigen Kremlherrn. "Warum zieren Sie sich so, das Offenkundige zu vertuschen?", fragte eine Journalistin leicht genervt die Macher.

Über die Hintergründe des schlichten Films kann nur spekuliert werden. Die Produzenten hoffen wohl dank Putins Beliebtheit, der Film werde zur meistverkauften russischen DVD aller Zeiten. In Umfragen unterstützen 86 Prozent der Menschen Putins Politik. Andere Beobachter vermuteten, bei "Ein Kuss nicht für die Presse" handele es sich um ein eigenständiges Projekt zur Imageverbesserung des Kremlchefs. "Dem Putin-Bild fehlt ein Stück Menschlichkeit", sagte der Kulturwissenschaftler Daniil Dondurej vor wenigen Monaten dem Nachrichtenmagazin "Russki Newsweek". Die Regisseurin Olga Schulina bemüht sich denn auch verbissen, den fiktiven Präsidenten als liebenden Familienvater darzustellen.

Im Kreml missfallen

Warum der Streifen erst fünf Jahre nach Abschluss der Dreharbeiten ausgerechnet mitten im Wahlkampf erscheint, wollten die Macher dagegen erklären. "Das ist reiner Zufall", sagte Produzent Woropajew. Auf der Pressekonferenz vor der Premiere erntete er dafür von den anwesenden Journalisten nur Gelächter. Klar scheint dagegen, warum der Film nur auf DVD zu sehen ist. "Ganz oben" im Kreml habe der Streifen missfallen, schrieb der "Moskowski Komsomolez". Der Gedanke liegt nahe, dass sich Präsident Putin so nicht auf Russlands Kinoleinwänden sehen wollte.

"Einen Film über Familienwerte" wollte Produzent Woropajew drehen. Die einzige Kritik, die sich der Film am Kremlchef erlaubt, ist, dass er zu wenig Zeit für seine Ehefrau und seine beiden Töchter habe.

Woropajews Versuch, den Streifen aus dem russischen Wahlkampf herauszuhalten und trotzdem vom Interesse an Putin zu profitieren, vereitelten Aktivisten der verbotenen Nationalbolschewisten Partei bei der Premiere. Sie stürmten den Kinosaal und warfen Flugblätter ins Publikum. "Putin ist der Henker der Freiheit", skandierten die drei jungen Kreml-Gegner. Nun drohen ihnen bis zu drei Jahre Haft.

Von Erik Albrecht, dpa

Quelle: ntv.de

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