Dossier

Konservative in Krise Rajoy will Bestätigung

Spaniens Konservative stecken in der schwersten Krise seit Jahrzehnten. Die Niederlagen bei den Parlamentswahlen 2004 und im März 2008 gegen die Sozialisten von Ministerpräsident Jos Luis Rodrguez Zapatero zehren an den Nerven. Parteichef Mariano Rajoy ist in seiner Volkspartei Partido Popular (PP) heftig umstritten. Viele maßgebliche PP-Politiker trauen es dem 53-jährigen, etwas bieder wirkenden Vorsitzenden nicht mehr zu gegen den Charmeur Zapatero eine Wahl zu gewinnen.

Dennoch wird der bärtige Oppositionsführer im spanischen Parlament auf dem PP-Parteitag am 20. bis 22. Juni in Valencia mit ziemlicher Sicherheit von den Delegierten im Amt bestätigt werden. PP-Politiker wie die Regierungschefin der Region Madrid, Esperanza Aguirre oder Ex-Forschungsminister Juan Costa hatten den Aufstand geprobt und eine Gegenkandidatur zu Rajoy erwogen. Aber sie machten einen Rückzieher als sie feststellen mussten, dass sie selbst in der Partei nicht genügend Rückhalt hatten.

Vorzeige-Überlebenskünstler

Rajoy erweist sich nicht zum ersten Mal als Überlebenskünstler. Als junger Mann überstand er einen Unfall, bei dem er mit seinem Auto einen Abhang hintergestürzt war. Bei einem Hubschrauberabsturz kletterte er fast unverletzt aus dem Wrack. Auch politisch steht er immer wieder auf: Nach der Wahlschlappe am 9. März wollte er schon die Brocken hinschmeißen. Zwei Tage lang schwieg er, dann entschloss er sich dazu, erneut für das Amt des Parteichefs zu kandidieren.

Und nicht nur das: Rajoy will die PP auf einen neuen Kurs bringen. Aus der Niederlage gegen Zapatero zog er den Schluss, dass die PP auf der Rechten keine Stimmen hinzugewinnen kann. Er will die Partei stärker zur Mitte öffnen. In Regionen wie dem Baskenland oder Katalonien ist die PP selbst unter konservativen Wählern als reaktionär und zentralistisch verschrien. "Niemand soll mehr die Sozialisten wählen, nur weil er vor der PP Angst hat", sagte Rajoy.

Auf Kurswechsel folgt Revolte

Der Kurswechsel löste jedoch eine regelrechte Revolte in der Partei aus. Ein PP-Politiker nach dem anderen kündigte dem Parteichef die Gefolgschaft. Dazu gehörten neben Aguirre und Costa Hardliner wie der Ex-Fraktionschef Eduardo Zaplana oder der PP-Generalsekretär Angel Acebes. Am meisten schmerzte Rajoy der Rücktritt der Chefin der baskischen Konservativen, Mara San Gil. Die 43-Jährige war eine Ikone in der Partei, denn sie symbolisierte den Widerstand gegen den Terror der ETA-Separatisten.

Vom Streit in der PP profitiert vor allem Zapatero. Die Opposition ist mit sich selbst beschäftigt. Die Umfragewerte der Regierung steigen, obwohl Spaniens Wirtschaft immer tiefer in die Krise zu geraten droht. Dennoch hat Rajoy in der PP nach allem Anschein genügend Anhänger, die seine Wiederwahl sichern. Allerdings besteht die Gefahr, dass der Parteitag die PP nicht aus der Talsohle herausführt, sondern die Machtkämpfe hinter den Kulissen weitergehen.

Als Rajoys Vorgänger Jos Mara Aznar spanischer Ministerpräsident und PP-Parteichef war, hatte es praktisch niemand gewagt, auch nur einen Millimeter vom Kurs der Parteiführung abzuweichen oder gar den Vorsitzenden zu kritisieren. Rajoy dagegen bekommt fast täglich Vorwürfe aus den eigenen Reihen zu hören. So manch einflussreicher PP-Politiker wünscht sich insgeheim, der frühere Wirtschaftsminister und Ex-Generaldirektor des Weltwährungsfonds (IWF), Rodrigo Rato, übernähme die Parteiführung. Aber der 59-Jährige hält sich von der Politik fern.

Von Hubert Kahl, dpa

Quelle: ntv.de

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