Dossier

Linke ist zerstritten und zersplittert Sarkozy sammelt Rechte

Sechs Monate vor den Regionalwahlen in Frankreich geht es im linken Flügel drunter und drüber. Zum Ende der politischen Sommerferien zerstreiten sich Grüne, Linkspartei, Sozialisten, Kommunisten und Trotzkisten über ein "Einheitsbündnis" gegen Sarkozy. Aber nicht nur der freut sich darüber.

Sieht den Wahlen gelassen entgegen: Nicolas Sarkozy.

Sieht den Wahlen gelassen entgegen: Nicolas Sarkozy.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Ein halbes Jahr vor den landesweiten Regionalwahlen gehen Nicolas Sarkozy die Gegner aus. Mit geschickten Bündnissen holt der französische Präsident seine Konkurrenten im rechten Lager ins Boot und schmiedet einen Block von enttäuschten Sozialisten bis hin zu den Rechtsnationalen. Seine jüngste "Jagdtrophäe" ist Philippe de Villiers, der mit seiner EU-feindlichen Bewegung für Frankreich (MPF) der Nationalen Front (FN) rechts Konkurrenz macht.

Die Linke wirkt dagegen wie ein orientierungsloser Haufen. Zum Ende der politischen Sommerferien zerstreiten sich Grüne, Linkspartei, Sozialisten, Kommunisten und Trotzkisten über ein "Einheitsbündnis" gegen Sarkozy. Sprengstoff ist dabei die Frage, ob man mit der Zentrumspartei MoDem koalieren darf, die als einzige im bürgerlichen Lager Sarkozy noch die Stirn bietet.

Sozialistische Partei ist zerrissen

Die einst so stolze Sozialistische Partei (PS) droht über den Streit zu zerreißen. Vor ihrem traditionellen Sommertreffen sammelten mehrere PS-Flügel auf eigenen Kongressen ihre Truppen. Manche wollen die Umbenennung der SPD-Schwesterpartei, andere ihre Verschmelzung mit anderen Linksgruppen. Um endlich Ruhe zu bekommen, drohte die schwache Parteichefin Martine Aubry sogar mit dem Rausschmiss prominenter Kritiker - vergeblich.

PS-Sprecher Benoît Hamon forderte in einem Programm, dass "mit Sarkozy und den liberalen Abweichungen der europäischen Sozialdemokratie bricht". Er will einen klaren Linkskurs an der Seite der KPF und nennt ein Bündnis mit der MoDem "Wahlabenteurertum". Das geht gegen Modernisierer wie die Parteiikone Ségolène Royal. "Sind wir die letzten Sektierer?", fragt PS-Reformer Vincent Peillon.

Richtungs- und Führungsstreit

Verzweifelt droht der mit der "Parteierneuerung" betraute PS-Hoffnungsträger Arnaud Montebourg mit Austritt. "Ich habe alles versucht", sagt Montebourg. Der Richtungs- und Führungsstreit sei dabei, "die Partei zu versenken". Montebourg fordert vor der Aufstellung eines Kandidaten für alle Linke offene Vorwahlen. Er wirft der Parteiführung vor, "mit denselben Methoden und Argumenten wie denen der DDR diesen Versuch der Erneuerung zu ersticken".

Bei den Wählern kommt das Hickhack schlecht an. Sieben von zehn Franzosen meinen mittlerweile, die Sozialistische Partei könne Sarkozy kein Projekt entgegensetzen und werde zudem schlecht geführt. Rund 60 Prozent halten nach einer veröffentlichten Umfrage die PS schlicht für bürgerfern. "Die PS ist nicht tot, aber die PS von Martine Aubry ist in großer Gefahr", analysiert der "Figaro".

Grüne wittern Chance

In dieser Lage heben die Grünen das Haupt. Mit Daniel Cohn-Bendit hatte die Partei bei der Europawahl im Juni mit 16,3 Prozent mit den Sozialisten gleichgezogen und die PS in zehn von 26 Regionen sogar überflügelt. Jetzt will der Frankfurter die ganze Linke umkrempeln. Auf einem Grünen-Kongress brachte Cohn-Bendit am Wochenende die MoDem-Vizechefin Marielle de Sarnez mit dem früheren KPF-Chef Robert Hue und PS-Größen zusammen. "Wenn ihr eine Mehrheit wollt, müsst ihr die Leute dort suchen, wo sie sind, und nicht, wo ihr seid", rief er unter Beifall. Und Hue warb für einen neuen "historischen Kompromiss" von Kommunisten bis MoDem.

Sarkozy reagiert auf die Entwicklung mit dem Versuch, nach PS- und MoDem-Politikern nun auch prominente Grüne mit Pöstchen abzuwerben. Bisher vergeblich. Im Regierungsblock löst seine "Öffnungspolitik" zwar Zähneknirschen aus, doch offene Kritik wagen nur wenige. Zu ihnen zählt die kürzlich von Sarkozy als Bauministerin entlassene Chefin der Christdemokratischen Partei, Christine Boutin. Sie mahnt, Sarkozy schaffe mit der Schwächung der Opposition Raum für Extremisten wie die Trotzkisten oder die Nationale Front (FN).

Der Regierungseintritt von Sozialisten wie Außenminister Bernard Kouchner hatte PS-Anhänger in die Arme der Trotzkisten getrieben. Als Sarkozy jetzt Villier ins Boot holte, jubelte FN-Chef Jean-Marie Le Pen: "Das U-Boot ist aufgetaucht. Jetzt wird die nationale Opposition nur noch von der FN vertreten. Die FN kann dabei nur gewinnen."

Quelle: ntv.de, Hans-Hermann Nikolei, dpa

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