Dossier

Die Chancenlosen Sie werden geliebt, nicht gewählt

Der Briefträger und Revolutionär Olivier Besancenot ist wieder mit von der Partie, und zum bereits sechsten Mal auch die trotzkistische Wahlkampf-Veteranin Arlette Laguiller. Ein Neuling im Kampf um den Elyse-Palast ist der schnauzbärtige Jos Bov, der als aufmüpfiger Globalisierungskritiker ebenfalls eine ganze Menge Farbe in das Rennen um das Amt von Präsident Jacques Chirac bringt. Von den zwölf Bewerbern um den Posten des Staatschefs bilden zwei Drittel den schillernden Rand des Spektrums. Ihr Motto: Ich habe keine Chance, aber ich nutze sie - für meine Sache und um mich zu profilieren. Der tägliche Schlagabtausch im Wahlkampf wäre ohne sie weit langweiliger.

Sie können noch so radikal sein, ihre Umfrageergebnisse noch so minimal - die Franzosen lieben sie, die Außenseiter oder "Exoten" im Ringen um die Macht. Ein ebenso vertrautes wie sympathisches Gesicht ist die mit ihren 67 Jahren rüstige und kämpferische Arlette Laguiller, die 1974 erstmals angetreten war. Von Lille hoch im Norden bis in die mediterrane Hafen-Metropole Marseille zieht die Kandidatin der Lutte Ouvrire (Arbeiterkampf), um "drei Wunden" zu beklagen: Arbeitslosigkeit, chronischer Wohnungsmangel und sinkende Kaufkraft.

Ihr trotzkistischer Kollege und Konkurrent Olivier Besancenot von der Revolutionären Kommunistischen Liga (LCR) zählt ebenfalls zu den Lieblingen der Franzosen, die auch extremsten Positionen gegenüber keine Berührungsängste kennen - auch wenn sie dann anders wählen. In Umfragen liegt Besancenot besonders gut und sieht sich vor allem von den jungen Leuten unterstützt. Auf Wahlveranstaltungen spielt er gern die Ängste herunter, eine zerstrittene Linke könne wie 2002 Le Pen in die Hände spielen. In diese Kerbe haut auch der eingefleischte Fast-Food-Kritiker Bov. Ihn würden viele Franzosen wählen, ginge es allein um den Kampf gegen genmanipulierte Nahrung.

Die "kleinen Fische" tummeln sich vor allem auf der Linken. Nicht gut stehen dabei die Grünen da, die die sich heillos in Flügelkämpfen aufgerieben haben. Ihre farblose Kandidatin Dominique Voynet war dann auch nicht die erste Wahl. Ohne einen Funken Charisma und mit einer zusammengeschrumpften und unter Geldmangel leidenden Kommunistischen Partei hinter sich macht Marie-George Buffet ihren Wahlkampf. Sie verkörpert das ganze Dilemma der einst so lange so mächtigen KPF.

Eine Zeit lang sah es so aus, als könnte der rechtsrepublikanische Philippe de Villiers mit seiner Mouvement pour la France (Bewegung für Frankreich) dem Konkurrenten auf diesem politischen Feld, Le Pen, ein wenig das Wasser abgraben. Doch der FN-Veteran machte ihm keinen Platz und spielt (wohl zum letzten Mal) mit den ersten Geigen Nicolas Sarkozy, Sgolne Royal und Franois Bayrou. Der MPF-Chef hat sich den Kampf gegen die islamische Gruppenbildung in Frankreich auf die Fahnen geschrieben. De Villiers ist aber ebenso abgeschlagen wie all die übrigen. Darunter macht noch der linksextreme Grard Schivardi aus Mailhac als "Kandidat der Bürgermeister" Schlagzeilen, was seine Kollegen in den Amtsstuben so gar nicht mögen. Und schließlich haben auch die Jäger und Angler mit Frdric Nihous wieder einen Mann aufgestellt. Auch er fischt wenig erfolgreich nach der Wählergunst.

(Hanns-Jochen Kaffsack, dpa)

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen